Begründung
Politische
Partizipation ist eine wichtige Grundlage unserer demokratischen Gesellschaft.
Häufig wird dabei über Formen, Verfahren und auch über den Umfang von
Bürgerbeteiligung kontrovers diskutiert. Verschiedene Studien auf nationaler
und internationaler Ebene zeugen von einer ausgeprägten Unzufriedenheit mit dem
Funktionieren unserer Demokratie. Häufig wird eine stärkere Beteiligung der
Bürgerschaft gefordert. Die Gemeinde Havixbeck verfolgt das Ziel, insbesondere
für Entscheidungsprozesse die in den Alltag der Menschen eingreifen (z.B.
Mobilität, Planung oder Schulwesen), neben den formellen Beteiligungsformaten
in zunehmenden Maßen auch informelle Beteiligungsformen wie Bürgerdialoge
anzubieten.
Diese
Partizipationsstrategie basiert auf der Annahme, dass eine höhere
Identifikation mit politischen Entscheidungen und ggf. sogar eine
Verantwortungsübernahme für das Gemeinwohl erreicht werden kann, wenn
Bürgerinnen und Bürger merken, dass sie frühzeitig informiert, offen angehört
und Ihre Argumente auch verstanden werden bzw. Einfluss auf die Ausführung
haben.
Grundlegende
Voraussetzung für einen erfolgreichen Bürgerbeteiligungsprozess ist, dass die
Bürgerinnen und Bürger von Nutzen und Relevanz überzeugt sind und die
politischen Entscheidungsträger (Ratsmitglieder, Bürgermeister) diesen auch
unterstützen.
Mit der Initiative
eines „Bürgerhaushalts“ soll eine effektive Möglichkeit geschaffen werden,
Bürgerinnen und Bürger aktiv in den Entscheidungsprozess der kommunalen
Finanzplanung einzubeziehen. Es gibt verschiedene Prozesse von
Bürgerhaushalten. Diese reichen von der Zurverfügungstellung eines
Bürgerbudgets, welches durch die Bürgerschaft frei verplant werden kann, bis
zur moderierten Mitwirkung bei der Haushaltsaufstellung. Die Mitwirkung bei der
Verplanung eines Bürgerbudgets schafft jedoch nur einen sehr geringen Grad an
Partizipation und das Mitwirkungsinteresse reduziert sich schnell auf sehr
kleine Gruppierungen.
Deshalb war es das
Ziel der Verwaltung, mit einem breiter angelegten Prozess einen möglichst hohen
Grad an Partizipation zu erreichen.
Die Verwaltung
beabsichtigt das folgende Konzept für den Bürgerhaushalt zu verfolgen:
1. Zielsetzung:
·
Erhöhung
der Transparenz und des Verständnisses für den Haushaltsprozess.
·
Förderung
der Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an der kommunalen Finanzplanung.
·
Stärkung
des Gemeinschaftsgefühls und der lokalen Identität durch partizipative
Entscheidungen.
2. Planung und Organisation:
·
Einrichtung
einer unabhängigen „Arbeitsgruppe Bürgerhaushalt“ (s.u.), die den Prozess
Bürgerhaushalt moderiert. Diese Arbeitsgruppe wird durch die Verwaltung
unterstützt und beraten.
·
Klare
Kommunikation über den Ablauf des Bürgerhaushalts, seine Einflussmöglichkeiten
und Grenzen (z.B. pflichtige Aufgaben).
·
Nutzung
verschiedener Kanäle zur Information und Einbindung der Bürgerinnen und Bürger,
wie z.B. öffentliche Versammlungen, Online-Plattformen und soziale Medien.
3. Phasen des Bürgerhaushalts:
·
Informationsphase:
Bürgerverständliche Bereitstellung von Informationen über die Rahmenbedingungen
des Haushalts, die Finanzlage der Gemeinde und die zu Verfügung stehenden
Mittel.
·
Ideenphase:
Bürgerinnen und Bürger werden eingeladen, Vorschläge für Maßnahmen
einzureichen, die im kommenden Haushalt berücksichtigt werden sollten oder auch
Hinweise durch Vorschläge zu geben, wo Verbesserungspotenzial besteht. Das
Ergebnis ist eine Ideensammlung.
·
Bewertung:
Die eingereichten Vorschläge werden von der o.g. Arbeitsgruppe zusammengefasst
und priorisiert, basierend auf Kriterien wie Machbarkeit, Finanzierbarkeit und
gesellschaftlichem Nutzen.
·
Entscheidungsphase:
Die (zusammengefassten) Vorschläge werden für ein Meinungsbild zur Abstimmung
gestellt. Die Bürgerinnen und Bürger können darüber abstimmen, welche Projekte
sie im Haushalt gerne berücksichtigt sähen oder welche eher keine
Berücksichtigung finden sollten. Die Abstimmung sollte im Idealfall online und
unkompliziert erfolgen.
·
Umsetzung
und Transparenz: das Votum aus der Bürgerschaft wird durch die Arbeitsgruppe in
geeigneter Form in die Haushaltsberatungen der Gemeinde eingebracht. Dem Rat
wird empfohlen zu diesem Zweck der Arbeitsgruppe ein Rederecht in den Gremien
zur Haushaltsberatung einzuräumen. Nachdem der Rat über die Berücksichtigung
oder Nicht-Berücksichtigung der jeweiligen Vorschläge im Rahmen der
Haushaltsberatungen entschieden hat, wird die Öffentlichkeit durch die
Verwaltung über die Entscheidungen und ihre Begründung informiert.
Arbeitsgruppe
Bürgerhaushaushalt
Eine
Grundvoraussetzung für einen erfolgreichen Bürgerhaushalt ist die Mitwirkung
verschiedener gesellschaftlicher Gruppen. Daher soll eine überparteiliche und
unabhängige Arbeitsgruppe aus Bürgerinnen und Bürgern und/oder Funktionsträger
in der Gemeinde als Prozessmoderator und Koordinator zwischen Gemeinderat,
Gemeindeverwaltung und Bürgerschaft fungieren. Die Verwaltung unterstützt die
Arbeitsgruppe in inhaltlichen und organisatorischen Fragestellungen. Die
Arbeitsgruppe ist dabei frei in der weiteren Ausgestaltung des
Bürgerhaushalt-Prozesses.
Grundsätzlich ist
es wünschenswert die Arbeitsgruppe für alle Bürgerinnen und Bürger zu öffnen.
Da ein Bürgerhaushalt für die Gemeinde Havixbeck ein neuer Beteiligungsprozess
ist, sollte dieser in der ersten Phase durch eine kleinere Arbeitsgruppe gesteuert
werden. Diese wiederum hat als Kernaufgabe sicherzustellen, dass sich alle
Bürgerinnen und Bürger mit Ideen und Vorschlägen für die Geschicke unserer
Gemeinde einbringen können.
Auf Initiative des
Bürgermeisters wurde zunächst eine kleine „Initialgruppe“ von vier Personen
eingeladen. Diese hat sich über den Prozess und die Erwartungen zum
Bürgerhaushalt ausgetauscht und die Erweiterung der unabhängigen Arbeitsgruppe
diskutiert um eine möglichst breite „Gruppierungsrepräsentanz“ (u.a. Bildung,
Finanzen, Jugend, Kirchen, SeniorInnen, Sport, Soziales) zu erreichen, sowie
Erfahrungen in Bürgerbeteiligungsformaten oder Kompetenzen im Haushaltsbereich
einzubinden.
Danach setzt sich
die Arbeitsgruppe Bürgerhaushalt aus folgenden Personen zusammen, die nicht als
Vertreter eines Vereins oder eine Initiative, sondern einer ganzen Gruppierung
von Menschen zu verstehen sind und sich gerne für unsere Gemeinde engagieren:
1.
Christin
Bierbaum
2.
Andre
Döpp
3.
Carsten
Fischer
4.
Finn
Forster
5.
Dr.
Torsten Habbel
6.
Markus
Hans
7.
Helga
Krake
8.
Jürgen
Kupferschmidt
9.
Florian
Vollmer
10. Hans Joachim Walden
11. N.N.
12. N.N.
Da es verschiedene
Anfragen aus der Bevölkerung gegeben hat, sollen sich auch weitere Bürger:innen
für die aktive Mitarbeit bewerben können. Danach sollen, bei entsprechendem
Interesse, zwei weitere Mitglieder zugelost werden. Diese sollten aus den
Altersgruppen 16-25 Jahre und 26-60 Jahre kommen.
Für alle Personen
der Arbeitsgruppe gilt, dass eine Fraktionszugehörigkeit bzw. eine
Mitgliedschaft im Gemeinderat explizit ausgeschlossen sein sollte. Die Aufgabe
der Politik wird die Entscheidung über die Vorschläge sein.
Langfristige
Perspektive Bürgerhaushalt und Evaluation
Ein Bürgerhaushalt
bietet eine einzigartige Gelegenheit für Bürgerinnen und Bürger, direkten
Einfluss auf die Finanzplanung ihrer Gemeinde zu nehmen und die Prioritäten
gemeinsam mit den kommunalen Entscheidungsträgern im Gemeinderat zu setzen,
wobei die formale Entscheidungskompetenz dem Gemeinderat obliegt.
Der Erfolg eines
Bürgerhaushaltes liegt auch, aber nicht allein, in der Anzahl der Mitwirkenden
oder der Anzahl der eingegangenen Vorschläge. Wichtig ist jedoch das Erreichen
eines partizipativen Demokratiezieles, also nicht nur einer Information und
Erläuterung der kommunalen Haushaltslage, sondern eine aktive und direkte
Beteiligung.
Die langfristige
Perspektive oder das langfristige Ziel sollte sodann auch in der Steigerung der
Zufriedenheit und Identifikation mit der Gemeinde liegen. Wenn dies gelingt,
kann der Bürgerhaushalt als bürgernah wahrgenommen werden und der Anschein von
Pseudo-Beteiligung vermieden werden. Daher muss angestrebt werden, das Konzept
Bürgerhaushalt langfristig umzusetzen und weiterzuentwickeln.
Damit die eingebrachten Ideen und Vorschläge
dem Ziel einer breit getragenen Ressourcenallokation dienen können, bedarf es
innovativer und qualitativ hochwertiger Vorschläge der BürgerInnen. Eine
Beurteilung des Bürgerhaushaltprozesses bezogen auf die Anzahl von nicht
umsetzbaren oder unausgereiften Vorschlägen, sollte nicht automatisch zu einer
kritischen Bewertung führen. Vielmehr sollte dann geprüft werden, ob die
Gemeinde den Prozess oder die Anleitung zur Erstellung von Vorschlägen
verbessern muss.
Daher bedarf es einer großen Flexibilität
bei der Anpassung des Bürgerhaushaltkonzeptes, basierend auf den gesammelten
Erfahrungen und den Rückmeldungen der Bürgerinnen und Bürger. Hierzu erstellt
die Verwaltung in Abstimmung mit der Arbeitsgruppe nach Verabschiedung des
Haushalts 2025 einen öffentlichen Bericht.
Beschlussvorschlag
1.
Der
Rat der Gemeinde Havixbeck unterstützt die Initiative zur Einführung eines
Bürgerhaushaltes und beauftragt die Verwaltung das in der Begründung
dargestellte Konzept entsprechend umzusetzen.
2.
Der
Rat der Gemeinde Havixbeck beschließt die Gründung der dargestellten
„Arbeitsgruppe Bürgerhaushalt“ und begrüßt die Bereitschaft der vorgeschlagenen
Mitglieder sich für den damit verbundenen Partizipationsprozess zu engagieren.
3.
Der
Rat bittet die Verwaltung regelmäßig über den Prozessfortgang in Abstimmung mit
der Arbeitsgruppe zu informieren und eine ausreichende öffentliche
Berichterstattung sicherzustellen.
4.
Die
Verwaltung wird beauftragt, nach Verabschiedung des Haushalts 2025, eine
Kurzevaluation durchzuführen und dem Gemeinderat Empfehlungen für die
Weiterentwicklung des Konzeptes Bürgerhaushalt vorzuschlagen.
Finanzielle
Auswirkungen: nein
Finanzielle Auswirkungen
Entfällt