Betreff
Sachstand und Rückblick auf die bisherige Vergabe der Grundstücke im Baugebiet „Habichtsbach III“
Vorlage
VO/004/2024
Aktenzeichen
IV/15
Art
Verwaltungsvorlage

Sachstandsbericht zur Anwendung des Vergabeverfahrens und der bisherigen Vergabe von Grundstücken im Baugebiet „Habichtsbach III“

 

1. Allgemeines zur Anwendung der Vergaberichtlinien:

Die vom Gemeinderat beschlossenen Vergabekriterien zu dem Bewerbungsverfahren zur Grundstücksvergabe „Habichtsbach III“ sehen eine möglichst soziale und transparente Vergabe der Grundstücke vor. Durch die festgelegten Richtlinien sollten folgende Ziele erreicht werden:

-         eine bevorzugte Vergabe an Ortsansässige und Arbeitnehmer/innen, die ihren Lebensmittelpunkt oder Arbeitsmittelpunkt in Havixbeck haben oder erneut nach Havixbeck verlegen wollen („Einheimischenmodell“),

-         die Förderung kinderreicher Familien,

-         die Berücksichtigung sozialer Kriterien und quotierte Berücksichtigung von Bewerber/innen mit „mittlerem“ Einkommen gegenüber Bewerber/innen mit hohem Einkommen,

-         sowie die Förderung des Ehrenamtes.

 

Die einzelnen Kriterien und die Gruppenquotierung, die nach öffentlicher Diskussion und Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern beschlossen wurden, sind diesem Bericht als Anlage 1 beigefügt.

Auf Grundlage der Bewerbungsbögen konnten Bewerber/innen eine Anzahl von Punkten erreichen. Über eine anonymisierte Rangliste, in der sich die Bewerber/innen über eine zugewiesene eindeutige Identifikationsnummer zuordnen konnten, war es für die Bewerber/innen danach möglich die eigene erreichte Punktzahl und die Position in der Rangliste zu erkennen.

 

Gleichzeitig konnte durch die Veröffentlichung dieser Liste eine Transparenz geschaffen werden, die eine regelkonforme Zuteilung der Grundstücke sichergestellt hat. Dies war wichtig, da bei vergangenen Vergabeverfahren der Vorwurf erhoben wurde, dass einzelne Bewerber/innen gezielt bevorzugt worden wären.

Auf Basis eingereichter Gehaltsnachweise (2018 – 2020) erfolgte die Einteilung in die Bewerbergruppe I oder II. Die Bewerbergruppe III sind die kinderlosen Bewerber/innen.
Die Verteilung sah vor, dass 45 % der Grundstücke an die Bewerbergruppe I gehen sollten, ebenfalls 45 % an die Bewerbergruppe II und 10 % der Grundstücke an die Bewerbergruppe III. Bei 37 zur Verfügung stehenden Grundstücken sind dies 17 Grundstücke jeweils für die Bewerbergruppe I und II und 3 Grundstücke für die Bewerbergruppe III.

 

Die erstellte Rangliste war dann Grundlage bei der Reihenfolge der Auswahl der Grundstücke (höchste Punktzahl = 1. Platz). Bei gleichen Punktzahlen wurde gelost, so dass die Rangfolge weitergeführt werden konnte.

Die Verteilung der Gesamtliste ist wie folgt:

1. Erster der Gruppe I                                                                     9. Fünfter der Gruppe I
2. Erster der Gruppe II                                                                 10. Fünfter der Gruppe II
3. Zweiter der Gruppe I                                                               11. Erster der Gruppe III
4. Zweiter der Gruppe II                                                                              12. Sechster der Gruppe I
5. Dritter der Gruppe I                                                                 13. Sechster der Gruppe II          
6. Dritter der Gruppe II                                                                ….
7. Vierter der Gruppe I

8. Vierter der Gruppe II

So konnten zunächst die erstplatzierten Bewerber/innen ein Grundstück wählen, gefolgt von den zweitplatzierten Bewerber/innen usw.. Damit konnten Bewerber/innen aller drei Gruppen, beginnend bei Bewerbergruppe I, gleichermaßen Zugriff auf attraktive Grundstückslagen erhalten.

 

2. Aktueller Vergabestand unter Anwendung der Vergaberichtlinien:

Das Vergabeverfahren wurde zeitlich geprägt durch

-         veränderte Finanzierungsbedingungen durch steigende Zinsen,

-         gestiegene Material- und Baukosten,

-         dem zwischenzeitigen Wegfall attraktiver kfw-Förderkulissen sowie

-         einer allgemeinen Verunsicherung hinsichtlich energetischer Fragestellungen.

In der Folge hat dies sukzessive zu einer Rücknahme von Reservierungen in allen Bewerbergruppen geführt.

 

Aktuell (Stand 17.01.2024) sind alle 37 Grundstücke für Bewerber/innen, die an dem Verfahren teilgenommen haben, unter Berücksichtigung von bisher über 50 dokumentierten Absagen, vergeben bzw. reserviert worden und zwar wie folgt:

 

Bewerbergruppe I:

-         notariell beurkundete und damit verkaufte Grundstücke:                  6

-         reservierte Grundstücke:                                                                  10

 

Die Bewerbergruppe I beschreibt die einkommensschwächere Familien-Gruppe, für die zur Erleichterung der Finanzierung ein Kinderbonus von 3.000 € pro Kind gewährt wird und zudem auch keinerlei Aufschlag auf den im Gemeinderat beschlossenen Basiskaufpreis von 250,00 € je m² zu zahlen ist. Die veränderten Rahmenbedingungen haben jedoch dazu geführt, dass es in dieser Gruppe die meisten Absagen von Bewerber/innen gab. Zum Teil scheint dies daran zu liegen, dass eine realistische Finanzierungsbestätigung für das Grundstück und die Baukosten von den Bewerber/innen nicht eingeholt werden konnte und zum Teil an der von den Bewerber/innen beschriebenen „aktuellen Situation“ und „wirtschaftlichen Gesamtlage“. Die teilweise mehrfach wieder freigegebenen Grundstücke mussten immer wieder bis zum heutigen Tage für Nachrücker nachreserviert werden. Dadurch konnten Bewerber/innen die im Verfahren zunächst nur wenig Punkte erreicht hatten, schließlich doch noch ein Grundstück reservieren. 

Zur Verdeutlichung: die Bewerber/innen mit der höchsten Punktzahl in der Gruppe I erreichten 53 Punkte, die mit der aktuell niedrigsten nur 12 Punkte. Dies hat zur Konsequenz, dass die Punkte, die zur Realisierung des „Einheimischenmodells“ im Bewerbungsverfahren vergeben wurden, in ihrer Wirkung relativiert wurden und einige Grundstücke an „Nicht-Havixbecker“ vergeben werden mussten. Aufgrund der ursprünglichen Bewerbungslage ist davon auszugehen, dass unter den ursprünglichen Rahmenbedingungen die Punkte für das „Einheimischenmodell“ einen noch höheren Effekt erzielt hätten.

 

Bewerbergruppe II:

-         notariell beurkundete und damit verkaufte Grundstücke:                12

-         reservierte Grundstücke:                                                                    5

 

Die Bewerbergruppe II stellt die einkommensstärkere Familien-Gruppe dar. Hier kann die doppelte Anzahl an bereits verkauften Grundstücken verzeichnet werden im Verhältnis zur Bewerbergruppe I. Dennoch haben auch in dieser Gruppe einige Bewerber/innen zwischenzeitlich von ihrer Kaufabsicht Abstand genommen. Deren freie Plätze mussten durch die Gemeindeverwaltung mehrfach durch Nachrücker besetzt werden. Ebenso zeigt sich das hier auch in der Punkteberücksichtigung von der erreichten Höchstanzahl 45 Punkte und der aktuell niedrigsten Anzahl von 12 Punkten in dieser Gruppe.

 

Bewerbergruppe III:  

-         notariell beurkundete und damit verkaufte Grundstücke:                3

-         reservierte Grundstücke:                                                                  1

 

Nach den Kriterien sind 10 % der Grundstücke an die Gruppe III (kinderlose Bewerber/innen) zu vergeben. Das sind 3,7 bzw. 4 Grundstücke.

 

3. Gruppenstruktur bei aktueller Vergabe:

Gruppe I:

Verkauft oder reserviert an Ortsansässige                                                          9

Verkauft oder reserviert an Nicht-Ortsansässige                                              7

 

Gruppe II:

Verkauft oder reserviert an Ortsansässige                                                      10

Verkauft oder reserviert an Nicht-Ortsansässige                                              7

 

Gruppe III:

Verkauft oder reserviert an Ortsansässige                                                          4

Verkauft oder reserviert an Nicht-Ortsansässige                                              0

 

Insgesamt wurden somit 23 (62%) Grundstücke an Ortsansässige verkauft bzw. reserviert und 14 (38%) Grundstücke an Nicht-Ortsansässige. Mit diesem Verhältnis von nahezu 2/3 zu 1/3 konnte das Ziel, Ortsansässigen die noch kein Immobilieneigentum in Havixbeck besitzen oder durch Umzug freimachen, einen Vorteil gegenüber Nicht-Ortsansässigen zu verschaffen, im Wesentlichen erreicht werden.

Stand in der Vergangenheit der Vorwurf aus der Bürgerschaft im Raum, dass Nicht-Ortsansässige bei der Grundstücksvergabe bevorzugt würden, kann dies in diesem Verfahren eindeutig widerlegt werden.

 

Sollten aktuell noch Bewerber/innen von ihren Reservierungen Abstand nehmen, ist jedoch absehbar, dass die weiteren Nachrücker Nicht-Ortsansässige sein werden und teilweise vermutlich auch Paare/Alleinstehende ohne Kinder, da diese Bewerber/innen geringere Punktzahlen als 12 Punkte erreicht haben und die Gemeindeverwaltung sich aber bereits jetzt in der Vergabe ab 12 erreichten Punkten und darunter befindet.

 

4. Gewichtung der Punkte für die Bewerber/innen der aktuell 37 teilweise verkauften und teilweise reservierten Grundstücke:

Die höchsten Punktzahlen waren zu erreichen für:

  1. Arbeitgebereigenschaft bzw. Selbstständigkeit

mit Sitz in Havixbeck (10 Punkte)                                                            erfüllt von            4 von 37

  1. Arbeitsplatz in Havixbeck (8 Punkte)                                      erfüllt von          11 von 37
  2. früher wohnhaft in Havixbeck (8 Punkte)                                            erfüllt von          12 von 37
  3. Ehrenamt in Havixbeck bei einer Organisation

 der Hilfs/Rettungsdienste (8 Punkte)                                   erfüllt von            2 von 37

  1. Kinder vor Vollendung des 14. Lebensjahres (je 7 Punkte)           erfüllt von         33 von 37

Weitere Kriterien zur Erlangung von Punkten wurden zwischen 2 und 5 bewertet, viele Bewerber/innen konnten dadurch ihre Punktzahl aufwerten bzw. durch Erfüllung vieler niedriger bewerteter Kriterien ebenso eine Gesamtpunktzahl erreichen, die bei der Vergabe zu berücksichtigen war. Die meisten höheren Punktzahlen konnten für das Vorhandensein von Kindern in den Familien vergeben werden, wobei auch Schwangerschaften nachträglich berücksichtigt wurden.

 

5. Kaufpreisstruktur der 21 bereits verkauften Grundstücke:

Verkauft zum Basiskaufpreis von 250,00 € je m²                                               7                                            

Verkauft mit Aufschlag auf den Basiskaufpreis                                   8

-         davon Aufschlag 12,50 € je m²                                                  7

-         davon Aufschlag 25,00 € je m²                                                  1

Verkauft unter Abzug eines Kinderbonus von mindestens 3.000 €             6

 

Da bisher 21 Grundstücke insgesamt notariell beurkundet wurden und somit bei 16 weiteren reservierten Grundstücken eine Beurkundung noch aussteht, sind hier die weiteren Entwicklungen abzuwarten, bevor sich eine abschließende Aussage zur Kaufpreisstruktur treffen lässt. Die laut den Vergabekriterien formulierte bevorzugte Vergabe an Familien mit mittlerem Einkommen kann nach aktuellem Stand aber als bedingt erfüllt betrachtet werden.

 

6. Ausblick der weiteren Vergabe:

Sollten zukünftig Bewerber/innen von Ihrer Reservierung/Kaufabsicht noch Abstand nehmen, so kann es passieren, dass auch Bewerber/innen mit Punktzahlen von 12 bis 0 Punkte noch in diesem Verfahren zu berücksichtigen sein werden. Das „Einheimischenmodell“ kann in diesem Falle immer weniger gehalten werden.

Darüber hinaus liegen der Gemeindeverwaltung über die Bewerberliste hinaus Anfragen vor, ein Grundstück in dem Baugebiet Habichtsbach III erwerben zu können (ohne Bewerbung). Es gab Phasen in denen die Frage nach freien Grundstücken im Habichtsbach III mehrmals pro Woche telefonisch und per Mail gestellt wurde, ebenso wie die Frage ob nach Ausschöpfung des Verfahrens noch Grundstücke verbleiben würden und wie deren Vermarktung geplant sei.

Positiv zu verzeichnen ist ebenfalls, dass die meisten Käufer/innen ihre Baugenehmigungsanträge gestellt und mindestens 3 Käufer/innen ihr Eigenheim noch zum Ende des Jahres 2023 bezogen haben. Auch an Ort und Stelle ist sichtbar, dass ein Neubaugebiet langsam entsteht.

 

7. Hinweise für zukünftige Vergabeverfahren

Das in Anlage 1 dargestellte Bewerbungs- und Vergabeverfahren wurde in dieser Form erstmalig in Havixbeck durchgeführt und ist noch nicht abgeschlossen. Im Kern konnten die angestrebten Ziele (s.u.) erreicht und auchdie Transparenz verbessert werden.

Problematisch war der zeitliche Aufwand und damit die Verfahrensdauer für die Bewerber/innen. Bedingt durch die (überwiegend kriegsbedingten) veränderten Rahmenbedingungen (s.u.), hat sich dies nachteilig für die Bewerber/innen ausgewirkt. Je später jemand zum notariellen Abschluss kam, desto schlechter wurden die Zinsbedingungen. Diese Entwicklung, die für die Betroffene ärgerlich ist, war jedoch im Vorfeld nicht absehbar.

Erschwert wurde der Prozess durch einen unerwartet hohen Aufwand für die erforderliche Überprüfung der Gruppenzuordnung durch Gehaltsnachweise sowie des Nachweises ehrenamtlichen Engagements. Dieser zeitaufwendige Prozess, der durch viele Sondersituationen im Gehaltsbereich und vereinzelt auch durch kreative Angaben im Ehrenamtsbereich zusätzlich belastet wurde, sollte bei zukünftigen Verfahren im Sinne der Bewerber/innen und der verwaltungsinternen Verfahrensabwicklung verschlankt und vereinfacht werden.

Die Verwaltung wird dem Gemeinderat - rechtzeitig vor dem nächsten Grundstücksvergabeverfahren - Vorschläge zur bedarfsgerechten Nachjustierung der Vergabeziele und der Umsetzungsprozedur zur Diskussion und Entscheidung vorlegen. Da die Vergabeziele auf die dann gegebenen sozialen, finanziellen und energiepolitischen Rahmenbedingungen abgestimmt sein sollten, sieht die Verwaltung hierzu keinen akuten Handlungsbedarf.

 

 

Bericht

 

Finanzielle Auswirkungen 

Keine

 

 

 

 

 

Jörn Möltgen