Betreff
Gründung eines interkommunalen Wohnungsunternehmens in der Stadtregion Münster
hier: Sachstandsbericht und Beschluss über einen Zielkorridor eines wohnungspolitischen Handlungserfordernisses
Vorlage
VO/047/2023
Art
Verwaltungsvorlage

Begründung 

 

Für den gemeinsamen angespannten Wohnungsmarkt in der Stadtregion Münster hat die entwicklungsorientierte Wohnungsmarktbeobachtung einen erheblichen Bedarf an zusätzlichem Wohnraum, insbesondere an bezahlbaren Mietwohnungen, aufgezeigt. Vor diesem Hintergrund haben die Räte der Städte und Gemeinden der Stadtregion im Frühjahr 2022 die Verwaltungen beauftragt, die Gründung einer interkommunalen Wohnungsbaugesellschaft zu prüfen.

 

In einer daraufhin gegründeten Arbeitsgruppe (AG IstaG) unter Mitwirkung der Bürgermeister*innen der Städte/ Gemeinden Altenberge, Drensteinfurt, Everswinkel, Havixbeck, Ostbevern, Senden, Sendenhorst und Telgte wurde der Prüfauftrag aufgegriffen.

 

Die Notwendigkeit und Dringlichkeit einer kommunalen Reaktion hat sich angesichts der jüngsten Entwicklungen wesentlicher Parameter (Baukostensteigerungen, Zinserhöhungen, sich abzeichnende Investitionszurückhaltung und Erlahmen der Baukonjunktur, Zuzug von Menschen aus der Ukraine) noch einmal erhöht. Dies umso mehr, als die Kommunen unabhängig von privaten Initiativen und Investitionen im Rahmen der Daseinsvorsorge und zur Abwendung von Wohnungslosigkeit mit einer Pflichtaufgabe belegt sind, die unabhängig von zur Verfügung stehenden Förderkonzepten des Landes oder des Bundes zu erfüllen sind.

 

Die derzeit rd. 2% des Wohnungsbestandes in den acht Kommunen mit öffentlicher Förderung und Mietpreisbindung sind offenkundig in ihrer Wirkung auf das Marktgeschehen und auf die Wohnungsversorgung begrenzt und mit Blick auf den angespannten Wohnungsmarkt nicht ausreichend. Dieser Bestand wird sich in den nächsten Jahren bis 2030 reduzieren, weil bis dahin mehr als ein Drittel der überwiegend in privater Hand befindlichen geförderten Wohnungen aus der Mietpreisbindung herausfallen.

Auf Bundesebene sind zuletzt die wohnungspolitischen Zielgrößen angepasst worden: Neubau von 400 Tsd. Wohnungen, davon 100 Tsd. Sozialwohnungen. Hier stehen gleichsam Bund, Länder und Kommunen vor einer gewaltigen Herausforderung. Auf kommunaler Ebene stellt sich dabei die Frage nach bedarfsgerechten Zielgrößen und geeigneten Instrumenten für den geförderten Wohnungsbau.

 

 

Gleichzeitig haben die letzten Jahre ein begrenztes privates Investitionsinteresse angesichts der spärlichen Renditen im geförderten Wohnungsbau aufgezeigt. Das Land NRW hat hier aktuell im März 2023 die neuen Förderbestimmungen der veränderten Marktsituation angepasst, die Renditen verbleiben gleichwohl auf dem niedrigen Niveau früherer Jahre.

 

Der Verlust von Belegungsbindungen wie auch die wohnungspolitisch dringliche Ausweitung der geförderten Wohnungsbestände über den aktuellen Rahmen hinaus bedürfen einer geeigneten Neujustierung der wohnungspolitischen Ziele in den Kommunen und geeigneter Umsetzungsstrategien. Allein die Ausweitung der geförderten Wohnungsbestände auf 3% des aktuellen Bestandes bis 2030 würde einen Neubau von fast 950 geförderten Wohnungen in den an der Arbeitsgruppe IstaG beteiligten Kommunen erfordern. Wohnungspolitisch wirksamer wären noch weitaus höhere Anteile mit deutlich höheren Bauleistungserfordernissen in den nächsten sieben Jahren. Aus den nachfolgend dargestellten Einkommensgrenzen der Wohnraumförderung NRW ergibt sich, dass die Zielgruppe bis in die Mitte der Stadtgesellschaften hineinragt und der geförderte Wohnungsbau keinesfalls nur bestimmten Randgruppen vorbehalten ist.

 

Tabelle 2        Einkommensgrenzen (brutto, gerundet) für die Wohnraumförderung NRW

 

Anmerkung: Mit den Einkommensgruppen A und B korrespondieren unterschiedliche Fördermieten bzw. Typen des geförderten Wohnungsbaus. Haushalte der Einkommensgruppe A sind berechtigt, eine Wohnung des „Typ A“ mit einer geförderten Anfangsmiete von 6,00 € /m² nettokalt zu beziehen. Haushalte der Einkommensgruppe B sind berechtigt eine Wohnung des „Typ B“ mit einer Miete von 6,80 € /m² nettokalt zu beziehen (Für Telgte gelten leicht höhere Fördermieten: Typ A = 6,50 €/m² nettokalt, Typ B = 7,40 €/m² nettokalt). Die Landesförderung für die Wohnungen des Typ A ist etwas höher als bei Typ B. Für das Wohnungsunternehmen entsteht daraus kein gravierender Unterschied, weil die geringere Förderung im Typ B durch die höheren Mieteinnahmen ausgeglichen wird.   
Quelle: Wohnraumförderbestimmungen 2023 des Landes Nordrhein-Westfalen

 

 

Private Akteure allein werden eine Umsetzung entsprechender wohnungspolitischer Zielgrößen (mindestens 3% des aktuellen Wohnungsbestandes) absehbar nicht leisten können. Ebenso wie ein öffentliches bzw. kommunales Engagement durch eine eigene Wohnungsbaugesellschaft allein diesen Erfordernissen nicht gerecht würde.

Die Verwirklichung geeigneter wohnungspolitischer Zielgrößen ist eine große Herausforderung, die klug und breit angelegte Umsetzungsstrategien erfordert und sich im besten Fall aus privaten und öffentlichen Investitionen zusammensetzt. In diese Strategien ist der Prüfprozess zur Gründung einer Wohnungsbaugesellschaft einzuordnen.

 

In der Arbeitsgruppe IstaG werden derzeit in der Grundhaltung einer Zusammenarbeit, die sich auf gegenseitige Unterstützung im Sinne einer Zugewinngemeinschaft begründet, wesentliche konzeptionelle, organisatorische und rechtliche Eckpunkte einer möglichen gemeinsamen Gründungsinitiative für eine interkommunale Wohnungsbaugesellschaft erarbeitet und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ermittelt. Aktueller Diskussionsstand ist,

 

  • dass die Gründung einer Gemeinschaftsgesellschaft als Dienstleister für Planung, Bau und Bewirtschaftung kommunalen Wohnungsbaus denkbar ist,
  • die Kommunen dabei eine größtmögliche Eigenständigkeit bezogen auf ihren Wohnungsbau erreichen könnten und
  • zumindest ein wesentlicher Beitrag zum nachhaltigen Aufbau eines bezahlbaren Wohnungsbestandes in der Stadt/ Gemeinde geleistet werden könnte.

 

Es ist geplant, im laufenden Prüfprozess in der zweiten Jahreshälfte einen Vorschlag für die Räte der acht Kommunen über die Einleitung eines Gründungsprozesses zu entwickeln. Dieser Vorschlag soll vor einer Beratung in den Räten in einer Informations- und Diskussionsveranstaltung für alle Ratsmitglieder aus der Stadtregion am 10. August 2023 vorgestellt und erörtert werden. Im Anschluss könnten die Beratungen und etwaige Beschlüsse in den Räten über die Einleitung eines Gründungsprozesses erfolgen. Eine Einladung und Bestimmung eines Tagungsortes erfolgt gesondert.

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Beschlussvorschlag 

 

Der Sachstandbericht wird zur Kenntnis genommen.

 

Der Rat der Gemeinde Havixbeck erkennt das Erfordernis an, kurz- bis mittelfristig die Zahl der öffentlich-geförderten Mietwohnungen für niedrige und mittlere Einkommensgruppen in seiner Gemeinde auf mindestens 3% des aktuellen Wohnungsbestandes auszubauen. Dieses wohnungspolitische Ziel soll in die Prüfung zur Gründung einer interkommunalen Wohnungsbaugesellschaft von Kommunen der Stadtregion Münster eingestellt werden.

Finanzielle Auswirkungen:                                        nein

Finanzielle Auswirkungen 

 

Aktuell keine weiteren haushaltsrechtlichen Auswirkungen auf den kommunalen Haushalt. Diese entstehen mit den Entscheidungen zu einer tatsächlichen Gründung einer interkommunalen Wohnungsbaugesellschaft.