Betreff
Anpassung der Betreuungs- und Unterbringungssituation geflücheter Menschen in Havixbeck
Vorlage
VO/108/2022
Aktenzeichen
I/II/III
Art
Verwaltungsvorlage

Begründung

Zu 1. und 2.

Seit Beginn des Ukraine-Krieges am 24. Februar 2022 sind mindestens 137 in der Ukraine lebende Menschen nach Havixbeck geflohen. Die damit verbundenen Aufnahme- und Unterbringungsprozesse waren eine große Herausforderung und konnten nur aufgrund der tatkräftigen Unterstützung aus der Bürgerschaft sowie der Anmietung zusätzlichen Wohnraums bewältigt werden.

Gleichzeitig hat die Zuweisung kriegsvertriebener Menschen aus anderen Regionen in den letzten Wochen spürbar zugenommen. So ist die Anzahl der durch die soziale Arbeit betreuter Flüchtlinge in Havixbeck seit Februar von 271 auf nunmehr 433 Personen angestiegen. Dies führt dazu, dass eine angemessen Betreuung, als auch ein zufriedenstellendes Arbeiten des Familienbüros aus zeitlichen Gründen kaum mehr leistbar ist.

Dabei steht zu erwarten, dass sich die Zuweisungen Geflüchteter auch in den kommenden Monaten in ähnlicher Form fortsetzen wird.

Eine adäquate Betreuung der Geflüchteten ist aktuell mit den 1,6 Vollzeitäquivalenten nicht leistbar. Eine etwaige Stundenaufstockung des vorhandenen Personals ist nicht mehr möglich, da auch die zuständigen Kollegen sich hier an ihrer Belastungsgrenze befinden.

 

 

 

Zu 3.

Aus den Erfahrungen der letzten Wochen, in denen intensive Anmietversuche privaten Wohnraums vorgenommen wurden, ist davon auszugehen, dass der weitere Unterbringungsbedarf nicht durch weitere Anmietungen gedeckt werden kann. Daher sollen durch eine Containeranmietung zeitnah die Unterbringungskapazität für 48 Personen aufgestockt werden und langfristig zusätzliche Kapazitäten durch einen Neubau generiert werden. Es ist Ziel der Verwaltung, eine Unterbringung in einer Turnhalle unbedingt zu vermeiden, was – je nach Entwicklung – jedoch nicht mehr gänzlich ausgeschlossen werden kann.

 

3.a

Für die kurzfristig zu erreichende Kapazitätsaufstockung hat die Verwaltung verschiedene Alternativen geprüft und Angebote eingeholt. Hierzu zählten neben der Errichtung von Fertighäusern nach dem Vorbild der am Althoffsweg 41a im Jahr 2017 erbauten Flüchtlingsunterkünfte u.a. auch drei Varianten von Container-basierten Unterkünften, die in die engere Auswahl kamen.

 

Variante 1 ist ein Wohnkonzept vorrangig für Alleinreisende. Die Grundfläche beträgt ca. 524 m², mit den Abmessungen B:14,55 m x L: 35,99 m. Hier sind pro Einheit zwei Schlafmöglichkeiten gegeben.

Dazu kommen ein großer Küchenbereich bestehend aus zwei Containern und ein Aufenthaltsraum ebenfalls aus zwei Containern bestehend. Diese wurden unmöbliert angeboten, können aber bei Bedarf gegen einen Aufpreis möbliert gemietet werden.
Außerdem enthält die Anlage zwei Sanitärcontainer getrennt für Damen und Herren und je einen Container als Waschmaschinen- und Technikraum. Insgesamt können hier 26 Menschen untergebracht werden.

Bei der Variante 2 sind Unterbringungsmöglichkeiten auch für Familien gegeben. Die Grundfläche beträgt hier ca. 436 m², mit den Abmessungen B:14,55 m x L: 29,99 m. Hier ist die Anlage räumlich getrennt, so dass ggf. Familien einen eigenen Bereich bewohnen können. Vier Schlafcontainern ist immer ein Sanitär – und ein Küchen-container zugeordnet.
Zudem sind noch zwei Räume für Waschmaschinen und Technik eingeplant. Alles in einem werden so drei Abteilungen geschaffen für insgesamt 24 Menschen.

Variante 3 ermöglicht die Unterbringung von 48 Menschen verteilt auf zwei Geschosse. Das Obergeschoss wird durch eine Außentreppe erreicht. Die verbaute Grundfläche beträgt ca. 246 m².

12 Schlafcontainer sind pro Geschoss geplant, dazu eine Kombination aus Küchen- und Aufenthaltscontainer und zwei Sanitärräumen. Diese Variante ist geeignet um eine größere Anzahl von Menschen auf kleineren Grundstücken unterzubringen.

Bei allen Varianten sind im Vorfeld die Kosten für die Herrichtung des jeweiligen Platzes einschließlich der Hausanschlüsse einzuplanen. Konkret wird dies von der Beschaffenheit der des zu wählenden Standortes ab und kann erst im weiteren Verfahren konkretisiert werden. Ansatzweise ist mit ca. 57.000 € zu rechnen. Zu den monatlichen Mietkosten sind zusätzlich Betriebskosten für die jeweiligen Anlagen einzuberechnen. Ein Ansatz von 8,60 €/m² scheint hier realistisch. Hinzu kommen einmalige Kosten für Montage/Demontage, ggf. Kran bei zweigeschossigen Varianten, Transporte und Endreinigung.

 

Die nachfolgende Tabelle zeigt die Kostenübersicht.

Variante

Geschosse

Grundfläche

Belegung

Einmalige Kosten

Kosten fix / Monat inkl. Betriebskosten

Kosten / m² monatlich

1

eingeschossig

523,8 m²

26

26.541,76 €

14.196,32 €

27,10 €/m²

2

eingeschossig

436,5 m²

24

21.813,89 €

12.380,64 €

28,20 €/m²

3

zweigeschossig

246 m² je Geschoss (492 m² gesamt)

48

55.931,19 €

15.120,38 €

30,73 €/m²

 

Die Verwaltung empfiehlt Variante 3.

 

Zu 3b.

Als Dauerlösung schlägt die Verwaltung einen Neubau vor. Als Beispiel gilt hier der 2017 fertigstellte Bau an der Altenberger Straße 46, der sich sehr bewährt hat. Dieser Baukörper wurde so konzipiert, dass er im Falle sinkender Unterbringungszahlen als preisgünstiger Mietraum zur Verfügung gestellt werden kann. Daher wird hier auch eine perspektivische genossenschaftliche Trägerschaft denkbar.

Durch leichte Umbauten können größere Wohneinheiten gebildet werden. Daher bietet es sich an, dieses Bauwerk als Grundlage für einen Neubau zu nutzen.

Im Gebäude können pro Geschoss 8 Schlafräume Platz finden, die jeweils mit bis zu 4 Personen belegt werden können. Daraus ergibt sich eine Maximalbelegung von 32 Personen.

Aktuell wurde an der Altenberger Straße ein Bereich auch für eine Familie abgetrennt, dies würde hier zunächst auch so vorgesehen.

Die gesamten Baukosten beliefen sich 2017 auf 830.000,00€ brutto. Hinsichtlich der allgemeinen und weit hin bekannten Preissteigerung ist mit einem prozentualen Aufschlag von mind. 30 - 40 % zu rechnen. So dass mit einer Gesamtbausumme von zunächst 1.163.000,00€ brutto zu rechnen ist.

Das Objekt hat eine Nettogrundfläche von 460 m². Der Umbaute Raum beträgt 1.965 m³.

 

Die benötigte Grundstücksfläche inkl. Zuwegung beträgt mindestens 700 m².

Geeignete Grundstücke hierfür sind in den Neubaugebieten zu finden Habichtsbach III im Baufeld der Mehrfamilienhäuser sowie zukünftig im Bauabschnitt 1a in Masbeck zu finden. Dier Verwaltung empfiehlt eine Realisierung in Habichtsbach III. Diese Grundstücke ständen somit nicht mehr dem freien Verkauf im Rahmen der Konzeptvergabe zur Verfügung und die für das Jahr 2023 eingeplanten Grundstückserlöse würden entfallen.

 

Zu 3c.

Trotz intensiver Bemühungen ist es in den vergangen Jahren und Monaten nur sporadisch gelungen für Flüchtlingsunterbringung geeigneten und zugleich verfügbaren Wohnraum anzukaufen oder anzumieten. Zuletzt wurde im vergangenen Monat ein Wohnhaus am Heilmannskamp angemietet und in den letzten zwei Wochen entsprechend der Erfordernisse für die Flüchtlingsunterbringung umgebaut und auf Stand gebracht. Weitere Wohnungen zur Miete oder zum Kauf stehen derzeit nicht bereit. Gleichwohl bleibt es eine Daueraufgabe für die Verwaltung geeignete Immobilien anzumieten oder anzukaufen.

 

 

Beschlussvorschlag

  1. Der Gemeinderat nimmt den Bericht (Anlage 1) der Verwaltung zur Entwicklung der Flüchtlingssituation in Havixbeck zur Kenntnis und stellt fest, dass die bereitgestellten Unterbringungs- und Betreuungskapazitäten nahezu erschöpft sind.
  2. Der Gemeinderat beschließt den Bereich der sozialarbeiterischen Betreuung schnellstmöglich um eine Stelle zu verstärken, bereits jetzt auszuschreiben und die Stelle im Stellenplan 2023 zu berücksichtigen.
  3. Zur Schaffung zusätzlicher Unterbringungsmöglichkeiten wird die Verwaltung beauftragt:
    1. Container anzumieten, die auf einem gemeindeeigenen Grundstück errichtet werden;
    2. einen Gebäudeneubau zu planen, der möglichst zeitnah auf einem der Mehrfamilienhausgrundstücke im Bereich des Baugebietes am Habichtsbach III errichtet wird:
    3. ihre bisherigen Bemühungen zur Anmietung privaten Wohnraums weiter fortzusetzen.

 

Finanzielle Auswirkungen:                                        ja           

 

Finanzielle Auswirkungen

 

Die zusätzlichen Kosten für die Schaffung einer weiteren Stelle im Bereich der Sozialarbeit belaufen sich je nach Einstellungszeitpunkt auf rund 12.000 €. Diese können im Budget der Personalkosten 2022 gedeckt werden. Für die Folgejahre ist die Stelle entsprechend im Stellenplan einzuplanen.

Für die Anmietung einer Containeranlage ist bis zum Jahresende mit laufenden Aufwendungen von bis zu 31.000 € zu rechnen. Demgegenüber werden Erträge von bis zu 5.000 €  erwartet. Die Differenz von 26.000 € kann aus dem laufenden Haushalt gedeckt werden.

Die Investitionskosten für den Aufbau der Containeranlage sowie die Planung eines Neubaus können durch Einsparungen im investiven Bereich (z.B. Verschiebung der weiteren Planung Bürgerforum) im laufenden Haushalt gedeckt werden. Die weiteren investiven Kosten können in die Haushaltsplanung 2023 ff. einfließen.

 

 

 

Jörn Möltgen