Sitzung: 04.09.2014 Ausschuss für Bau- und Gemeindeentwicklung
Seitens der
Verwaltung wird vorgetragen, dass eine schriftliche Anfrage der CDU-Fraktion
vom 29.08.2014 bzgl. der Folgen der Starkregenereignisse vorliege.
Die Anfrage
ist dem Protokoll als Anlage 1 beigefügt.
Anfrage der
CDU-Fraktion gem. § 17 Abs. 1 GeschO
Wie
ist der Stand der Technik in Bezug auf die Schmutz- und Regenwasserkanalisation
in Havixbeck, insbesondere:
Sind
diese voneinander getrennt?
Das
Kanalnetz besteht aus einer Trennkanalisation (RW-Kanal 36 km, SW-Kanalisation
42 km) und aus einer Mischwasserkanalisation (17 km) und den Druckrohrleitungen
(11 km).
Falls
ja: Wie kann ein Regenereignis zu einem Überlaufen eines Schmutzwasserkanals führen?
Die
Ursachen für den Ein- Überstau unserer Schmutzwasserkanäle haben im
Wesentlichen zwei Gründe:
Zum
einen ist das Regenwasser über die Lüftungsöffnungen der Kanaldeckel in die
Schmutzwasserschächte eingetreten.
Zum
anderen sind Fehlanschlüsse bei den Grundstücksentwässerungsanlagen ursächlich.
Bei Fehlanschlüssen handelt es sich um Niederschlagswasser von Dachrinnen und
Hofflächen sowie der Zuleitung von Drainagewasser. Aufgrund der dadurch
bedingten großen Zuflüsse sind die Schmutzwassersammler überlastet. Um hier den
Sollzustand zu erreichen sollen Schwerpunktgebiete gebildet werden. Hierzu
sollen Durchflussmessungen an den Pumpwerken durchgeführt werden. Wenn man nun
Regenereignisse mit Trockenwettertagen vergleicht, so kann man den Fremdwasseranteil
ermitteln. Danach müssen die Fehlanschlüsse lokalisiert werden. Dieses kann
durch „nebeln“ der Schwerpunktgebiete erfolgen. Um hier verlässliche Daten zu
erhalten, die auch für die hydraulische Berechnung und der Beurteilung von
Schadensereignissen dienen können, könnte ein Regenschreiber installiert
werden. Als möglicher Standort ist die Kläranlage ins Auge gefasst worden.
Hierzu haben erste Gespräche mit dem Lippeverband stattgefunden. Alternativ
bietet der Lippeverband für seine Mitgliedskommunen entsprechende
Niederschlagsauswertungen anhand von Radardaten an. Diese Möglichkeit soll
zunächst weiter verfolgt werden.
In
der Mischwasserkanalisation kann es zu keinen Fehleinleitungen kommen, da hier
sowohl das Regen- als auch das Schmutzwasser gesammelt wird. Unzulässigerweise
kann hier, wie auch in der Trennkanalisation, Drainagewasser eingeleitet
werden, was zu einer erhöhten Belastung der Kanalisation und der Kläranlage
führt.
Wie
kann in Zukunft verhindert werden, dass speziell auf dem Hof Upmann (aber auch
an anderen Stellen) Schmutzwasser aus dem Schacht der Kanalisation austritt?
Hierzu
ist zunächst der Sollzustand der Schmutzwasserkanalisation und der Pumpwerke zu
prüfen. Dann sind die oben beschriebenen Maßnahmen zur Beseitigung der Fehleinleitungen
zu ergreifen.
Die
Situation des Hausanschlusses am Hof Upmann ist bereits aufgenommen worden
(Nivellement, hydraulische Berechnung, unter Berücksichtigung des Ausfalls der
Pumpen auf der Kläranlage und Ablauf über die Notüberlaufschwelle, bei
gleichzeitig hohem Fremdwasseranfall). Mit dem Anlieger haben Gespräche
stattgefunden. Es soll eine Rückstausicherung vor dem Hausanschlussschacht
eingebaut werden.
Die
Frage des Wasseraustrittes aus Kanalschächten bei Starkregenereignissen
betrifft jedoch nicht nur die Schmutzwasserkanalisation sondern vorwiegend die
Regen- und Mischwasserkanalisation.
An
tiefliegenden Schächten könnten druckdichte Kanaldeckel eingebaut werden, um
ein Austreten des Abwassers an sensiblen Stellen zu vermeiden. Ferner könnten
Grundstücksabsenkungen durch den Einbau von Schrägborden angehoben werden, um
die Straße als Notüberlauf zu nutzen.
Besteht
möglicherweise eine Schadensersatzpflicht aus dem Austritt von Schmutzwasser?
Hier
kann keine pauschale Antwort gegeben werden. Der betroffene Bürger muss der
Gemeinde Havixbeck den Schaden anzeigen, beschreiben und beziffern.
Sofern
der Gemeinde Havixbeck im Zusammenhang mit dem Schadenereignis ein schuldhaftes
Verhalten anzulasten wäre, könnte eine Schadenregulierung aus der bestehenden
Haftpflichtversicherung der Gemeinde Havixbeck in Betracht kommen.
Die Haftung
der Gemeinde ist jedoch nach § 19 der Entwässerungssatzung stark eingeschränkt:
„(3) Die
Gemeinde haftet nicht für Schäden, die durch höhere Gewalt hervorgerufen
werden. Sie haftet auch nicht für Schäden, die dadurch entstehen, dass die
vorgeschriebenen Rückstausicherungen nicht vorhanden sind oder nicht
ordnungsgemäß funktionieren.“
Welche
Lehren / Konsequenzen zieht die Verwaltung aus den Starkregenereignissen?
Rückstausicherung
Das
Kanalnetz kann nicht vorsorglich so dimensioniert werden, dass es jeden, auch
außergewöhnlichen Regen sofort ableiten kann. Bei überaus starkem Regen muss
daher planmäßig mit einem Einstau im Kanalnetz und einem Rückstau in den
Anschlusskanälen gerechnet werden. Dieses bedeutet, dass tieferliegende Räume,
die an das Kanalnetz angebunden sind, mit einer Rückstausicherung ausgestattet
sein müssen, um Schäden möglichst zu vermeiden. Seitens der Verwaltung haben
zwischenzeitlich zahlreiche Beratungen der Bürger stattgefunden, um
individuelle Lösungen zur Vermeidung von Schäden zu finden. Ferner wird zurzeit
ein Flyer erarbeitet, der den Bürgern Ratschläge zur Entwässerung ihrer
Grundstücke gibt.
Ursachenforschung
Neben
dem Themenkomplex Rückstausicherung hat und wird die Gemeinde Havixbeck
Maßnahmen zur Verbesserung des Kanalnetzes bei Starkregenereignissen ergreifen.
Zunächst bedeutet dieses, dass wir die Ursachenforschung betreiben müssen.
Hierzu ist eine hydraulische Berechnung des gesamten Gemeindegebietes
erforderlich. Diese muss mit den Erkenntnissen vor Ort abgeglichen werden, um
Lösungen zu finden.
Kurzfristige Maßnahmen
zur Verbesserung des Entwässerungskomforts
Zur
Verbesserung des Abflussvermögens haben wir die Auslässe der Regen- und
Mischwasserkanalisation auf Hindernisse überprüft und Gräben soweit wie möglich
geräumt. Ferner sind verdeckte Schächte im Kanalnetz aufgesucht und gereinigt
worden. Im Weiteren ist das Kanalnetz nach den Starkregenereignissen kontrolliert
worden.
In
die Druckrohrleitung des Pumpwerkes Pieperfeldes sollen Revisionsschächte
eingebaut werden, um die Leitung kontrollieren zu können und den sicheren
Betrieb zu gewährleisten.
Es
haben Gespräche mit dem Lippeverband stattgefunden, mit folgenden Ergebnissen:
-Die
Mitarbeiter des Lippeverbandes sind besonders sensibilisiert worden.
-Die
Einschaltpunkte der Pumpe im „Dreieck“ ist weiter herabgesetzt worden.
-Die
Instandsetzung des IDM (Durchflussmessung) ist beauftragt worden.
-Die
Niveausonden sind kontrolliert und auf den gleichen Nullpunkt eingestellt
worden, um zukünftig die Betriebsvorgänge einfacher kontrollieren zu können.
Des
Weiteren werden Notstromtests mit dem vorhandenen BHKW mit dem Ziel bei
zukünftigen Stromausfällen mit Hilfe des Faulgases zumindest die Zulaufpumpe im
„Dreieck“ betreiben zu können. Sollte dieser Test misslingen wird der
Lippeverband einen weiteren Test mit einem kleinen Notstromaggregat
durchführen, um so zumindest bei längeren Stromausfällen kürzere Ausfallzeiten
zu erzielen. Ob der Bau einer Notstromversorgung für den gesamten
Kläranlagenbetrieb sinnvoll ist muss abgewogen werden. Dieses hängt von den
Ergebnissen des durchgeführten Tests ab.
Wie findet
diese Problematik in aktuellen und zukünftigen Planungen von Baugebieten sowie
bei der Sanierung des Kanalsystems Berücksichtigung?
Zur
Sicherstellung langfristiger Entwicklungen, wie Siedlungserweiterungen und
Änderungen im Abwasseranfall und um einen Überblick über die Dringlichkeit und
Wirtschaftlichkeit von Sanierungsmaßnahmen des Kanalnetzes zu gewinnen soll ein
Generalentwässerungsplan (GEP) aufgestellt werden.
Ein GEP stellt
das Abwasserkonzept für ein Einzugsgebiet dar und dient als Rahmenvorgabe für
Detailvorhaben.
Der GEP hat u.a. folgende Aufgaben:
·
Nachweis, dass die
Abwasserbeseitigung den gesetzlichen
Anforderungen -etwa Umweltauflagen- entspricht
·
Sanierungskonzept für das
bestehende Abwassersystem
·
Auswirkungen eines zusätzlichen
Neubau- / Gewerbegebietes
·
Planungsgrundlage für den
zukünftigen Ausbau
Um einen GEP erstellen zu können, benötigt man die
Daten des bestehenden Kanalnetzes. Davon ausgehend wird mit Rechen- und
Simulationsmethoden der GEP hergeleitet.
Nach der
Verlesung der einzelnen Fragen und deren Beantwortung erfolgt seitens der
Ausschussmitglieder eine kurze Diskussion über die Möglichkeit der Vorsorge für
zukünftige Starkregenereignisse. Herr Böttcher macht darauf aufmerksam, dass
der Generalentwässerungsplan nicht neu erstellt, sondern nur aktualisiert
werden müsse. Man einigt sich darauf, dass die Frage der Kanalisierung bei
Starkregenereignissen bei zukünftigen Bauplanungen mitbedacht werden soll.
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