Seitens der Verwaltung wird vorgetragen, dass eine schriftliche Anfrage der CDU-Fraktion vom 29.08.2014 bzgl. der Folgen der Starkregenereignisse vorliege.

              

Die Anfrage ist dem Protokoll als Anlage 1 beigefügt.

 

Anfrage der CDU-Fraktion gem. § 17 Abs. 1 GeschO

 

 

Wie ist der Stand der Technik in Bezug auf die Schmutz- und Regenwasserkanalisation in Havixbeck, insbesondere:

 

 

Sind diese voneinander getrennt?

 

Das Kanalnetz besteht aus einer Trennkanalisation (RW-Kanal 36 km, SW-Kanalisation 42 km) und aus einer Mischwasserkanalisation (17 km) und den Druckrohrleitungen (11 km).

 

Falls ja: Wie kann ein Regenereignis zu einem Überlaufen eines Schmutzwasserkanals führen?

 

Die Ursachen für den Ein- Überstau unserer Schmutzwasserkanäle haben im Wesentlichen zwei Gründe:

 

Zum einen ist das Regenwasser über die Lüftungsöffnungen der Kanaldeckel in die Schmutzwasserschächte eingetreten.

 

Zum anderen sind Fehlanschlüsse bei den Grundstücksentwässerungsanlagen ursächlich. Bei Fehlanschlüssen handelt es sich um Niederschlagswasser von Dachrinnen und Hofflächen sowie der Zuleitung von Drainagewasser. Aufgrund der dadurch bedingten großen Zuflüsse sind die Schmutzwassersammler überlastet. Um hier den Sollzustand zu erreichen sollen Schwerpunktgebiete gebildet werden. Hierzu sollen Durchflussmessungen an den Pumpwerken durchgeführt werden. Wenn man nun Regenereignisse mit Trockenwettertagen vergleicht, so kann man den Fremdwasseranteil ermitteln. Danach müssen die Fehlanschlüsse lokalisiert werden. Dieses kann durch „nebeln“ der Schwerpunktgebiete erfolgen. Um hier verlässliche Daten zu erhalten, die auch für die hydraulische Berechnung und der Beurteilung von Schadensereignissen dienen können, könnte ein Regenschreiber installiert werden. Als möglicher Standort ist die Kläranlage ins Auge gefasst worden. Hierzu haben erste Gespräche mit dem Lippeverband stattgefunden. Alternativ bietet der Lippeverband für seine Mitgliedskommunen entsprechende Niederschlagsauswertungen anhand von Radardaten an. Diese Möglichkeit soll zunächst weiter verfolgt werden.

 

In der Mischwasserkanalisation kann es zu keinen Fehleinleitungen kommen, da hier sowohl das Regen- als auch das Schmutzwasser gesammelt wird. Unzulässigerweise kann hier, wie auch in der Trennkanalisation, Drainagewasser eingeleitet werden, was zu einer erhöhten Belastung der Kanalisation und der Kläranlage führt.

 

Wie kann in Zukunft verhindert werden, dass speziell auf dem Hof Upmann (aber auch an anderen Stellen) Schmutzwasser aus dem Schacht der Kanalisation austritt?

 

Hierzu ist zunächst der Sollzustand der Schmutzwasserkanalisation und der Pumpwerke zu prüfen. Dann sind die oben beschriebenen Maßnahmen zur Beseitigung der Fehleinleitungen zu ergreifen.

 

Die Situation des Hausanschlusses am Hof Upmann ist bereits aufgenommen worden (Nivellement, hydraulische Berechnung, unter Berücksichtigung des Ausfalls der Pumpen auf der Kläranlage und Ablauf über die Notüberlaufschwelle, bei gleichzeitig hohem Fremdwasseranfall). Mit dem Anlieger haben Gespräche stattgefunden. Es soll eine Rückstausicherung vor dem Hausanschlussschacht eingebaut werden.

 

Die Frage des Wasseraustrittes aus Kanalschächten bei Starkregenereignissen betrifft jedoch nicht nur die Schmutzwasserkanalisation sondern vorwiegend die Regen- und Mischwasserkanalisation.

An tiefliegenden Schächten könnten druckdichte Kanaldeckel eingebaut werden, um ein Austreten des Abwassers an sensiblen Stellen zu vermeiden. Ferner könnten Grundstücksabsenkungen durch den Einbau von Schrägborden angehoben werden, um die Straße als Notüberlauf zu nutzen.

 

 

 

Besteht möglicherweise eine Schadensersatzpflicht aus dem Austritt von Schmutzwasser?

 

Hier kann keine pauschale Antwort gegeben werden. Der betroffene Bürger muss der Gemeinde Havixbeck den Schaden anzeigen, beschreiben und beziffern.

Sofern der Gemeinde Havixbeck im Zusammenhang mit dem Schadenereignis ein schuldhaftes Verhalten anzulasten wäre, könnte eine Schadenregulierung aus der bestehenden Haftpflichtversicherung der Gemeinde Havixbeck in Betracht kommen.

Die Haftung der Gemeinde ist jedoch nach § 19 der Entwässerungssatzung stark eingeschränkt:

 

„(3) Die Gemeinde haftet nicht für Schäden, die durch höhere Gewalt hervorgerufen werden. Sie haftet auch nicht für Schäden, die dadurch entstehen, dass die vorgeschriebenen Rückstausicherungen nicht vorhanden sind oder nicht ordnungsgemäß funktionieren.“

 

 

 

Welche Lehren / Konsequenzen zieht die Verwaltung aus den Starkregenereignissen?

 

Rückstausicherung

Das Kanalnetz kann nicht vorsorglich so dimensioniert werden, dass es jeden, auch außergewöhnlichen Regen sofort ableiten kann. Bei überaus starkem Regen muss daher planmäßig mit einem Einstau im Kanalnetz und einem Rückstau in den Anschlusskanälen gerechnet werden. Dieses bedeutet, dass tieferliegende Räume, die an das Kanalnetz angebunden sind, mit einer Rückstausicherung ausgestattet sein müssen, um Schäden möglichst zu vermeiden. Seitens der Verwaltung haben zwischenzeitlich zahlreiche Beratungen der Bürger stattgefunden, um individuelle Lösungen zur Vermeidung von Schäden zu finden. Ferner wird zurzeit ein Flyer erarbeitet, der den Bürgern Ratschläge zur Entwässerung ihrer Grundstücke gibt.

 

Ursachenforschung

Neben dem Themenkomplex Rückstausicherung hat und wird die Gemeinde Havixbeck Maßnahmen zur Verbesserung des Kanalnetzes bei Starkregenereignissen ergreifen. Zunächst bedeutet dieses, dass wir die Ursachenforschung betreiben müssen. Hierzu ist eine hydraulische Berechnung des gesamten Gemeindegebietes erforderlich. Diese muss mit den Erkenntnissen vor Ort abgeglichen werden, um Lösungen zu finden.

 

Kurzfristige Maßnahmen zur Verbesserung des Entwässerungskomforts

Zur Verbesserung des Abflussvermögens haben wir die Auslässe der Regen- und Mischwasserkanalisation auf Hindernisse überprüft und Gräben soweit wie möglich geräumt. Ferner sind verdeckte Schächte im Kanalnetz aufgesucht und gereinigt worden. Im Weiteren ist das Kanalnetz nach den Starkregenereignissen kontrolliert worden.

 

In die Druckrohrleitung des Pumpwerkes Pieperfeldes sollen Revisionsschächte eingebaut werden, um die Leitung kontrollieren zu können und den sicheren Betrieb zu gewährleisten.

 

Es haben Gespräche mit dem Lippeverband stattgefunden, mit folgenden Ergebnissen:

-Die Mitarbeiter des Lippeverbandes sind besonders sensibilisiert worden.

-Die Einschaltpunkte der Pumpe im „Dreieck“ ist weiter herabgesetzt worden.

-Die Instandsetzung des IDM (Durchflussmessung) ist beauftragt worden.

-Die Niveausonden sind kontrolliert und auf den gleichen Nullpunkt eingestellt worden, um zukünftig die Betriebsvorgänge einfacher kontrollieren zu können.

 

Des Weiteren werden Notstromtests mit dem vorhandenen BHKW mit dem Ziel bei zukünftigen Stromausfällen mit Hilfe des Faulgases zumindest die Zulaufpumpe im „Dreieck“ betreiben zu können. Sollte dieser Test misslingen wird der Lippeverband einen weiteren Test mit einem kleinen Notstromaggregat durchführen, um so zumindest bei längeren Stromausfällen kürzere Ausfallzeiten zu erzielen. Ob der Bau einer Notstromversorgung für den gesamten Kläranlagenbetrieb sinnvoll ist muss abgewogen werden. Dieses hängt von den Ergebnissen des durchgeführten Tests ab.

 

Wie findet diese Problematik in aktuellen und zukünftigen Planungen von Baugebieten sowie bei der Sanierung des Kanalsystems Berücksichtigung?

 

Zur Sicherstellung langfristiger Entwicklungen, wie Siedlungserweiterungen und Änderungen im Abwasseranfall und um einen Überblick über die Dringlichkeit und Wirtschaftlichkeit von Sanierungsmaßnahmen des Kanalnetzes zu gewinnen soll ein Generalentwässerungsplan (GEP) aufgestellt werden.

           

 

Ein GEP stellt das Abwasserkonzept für ein Einzugsgebiet dar und dient als Rahmenvorgabe für Detailvorhaben.

 

Der GEP hat u.a. folgende Aufgaben:

·         Nachweis, dass die Abwasserbeseitigung den gesetzlichen

    Anforderungen -etwa Umweltauflagen- entspricht

·         Sanierungskonzept für das bestehende Abwassersystem

·         Auswirkungen eines zusätzlichen Neubau- / Gewerbegebietes

·         Planungsgrundlage für den zukünftigen Ausbau

 

Um einen GEP erstellen zu können, benötigt man die Daten des bestehenden Kanalnetzes. Davon ausgehend wird mit Rechen- und Simulationsmethoden der GEP hergeleitet.

 

 

 

Nach der Verlesung der einzelnen Fragen und deren Beantwortung erfolgt seitens der Ausschussmitglieder eine kurze Diskussion über die Möglichkeit der Vorsorge für zukünftige Starkregenereignisse. Herr Böttcher macht darauf aufmerksam, dass der Generalentwässerungsplan nicht neu erstellt, sondern nur aktualisiert werden müsse. Man einigt sich darauf, dass die Frage der Kanalisierung bei Starkregenereignissen bei zukünftigen Bauplanungen mitbedacht werden soll.

 

 


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