Ausschussvorsitzende Schäpers begrüßt Frau Edelkamp und gibt eine kurze Zusammenfassung über deren Arbeit in der Gemeindeverwaltung. Danach fasst Frau Schäpers den Verlauf der Ortsbesichtigung des Hauses Wübken zusammen. Das Gebäude mit den sanitären Anlagen sei in einem guten Zustand.

 

Daraufhin bittet Frau Schäpers Frau Edelkamp um ihren Bericht.

 

Frau Edelkamp berichtet wie folgt:

 

Bericht über die aktuelle Migrantenarbeit in Havixbeck

 

Zahlenangaben Stand: 26.02.2014

Berichtszeitraum: 12/11 bis 02/14

 

I. Einführung:

Mein letzter Bericht zur Migrantenarbeit liegt nun ca. 2 Jahre zurück und es ist festzustellen, dass in dieser Zeit recht viel „Bewegung“ in diesem Arbeitsfeld zu verzeichnen ist. Zum Einen sind es die Veränderungen in der Integrationsarbeit und zum Anderen in der aktuellen Aufnahmesituation von Menschen, die ihre Heimat aus den unterschiedlichsten Gründen verlassen haben und der Gemeinde Havixbeck zugewiesen wurden.

Alle Aspekte der Integrationsarbeit im Detail zu erläutern würde sicher den Rahmen dieses Berichtes sprengen und deshalb möchte ich das Hauptaugenmerk auf die  Entwicklung im Rahmen der vielen Neuzuweisungen/Rückkehrer im Berichtszeitraum besonders aber im letzten halben Jahr lenken. Die damit verbundenen Anforderungen betreffen unterschiedliche Arbeitsbereiche der Integration.

Bevor ich darauf näher eingehe, möchte ich Ihnen einige aktuelle Zahlen und Fakten nennen:

 

II. Aktuelle Zahlen:

Zur Zeit leben in Havixbeck 408 ausländische MitbürgerInnen (211 m. 197 w.), das sind 3,41 % bezogen auf die Gesamtbevölkerungszahl (11824) von Havixbeck. In dieser Zahl sind nicht die Personen enthalten, die die doppelte Staatsangehörigkeit haben (391). Die MigrantInnen kommen aus 66 verschiedenen Nationen, wobei sich diese Zahl relativiert, wenn man nur die Staaten berücksichtigt, aus denen 5 und mehr Personen kommen. Dann sind es noch Menschen aus 23 verschiedenen Herkunftsländern, die in Havixbeck leben.

 

III. Aufgabenschwerpunkte:

Meine Arbeit umfasst zwei Aufgabenschwerpunkte: da ist die Begleitung der neu zugewiesenen Menschen mit allem, was den Alltag ausmacht (Wohnen, Schulbesuch, Kita, Gesundheit, rechtl. u. finanzielle Situation, Behördenangelegenheiten, ggf. Arbeitssuche, Konfliktbewältigung…) und die integrative Arbeit im Allgemeinen, wozu auch die Projektarbeit mit den ausländischen MitbürgerInnen gehört, die schon seit Jahren in Havixbeck leben und teilweise auch recht gut integriert sind.

Die bereits in früheren Berichten geschilderte Netzwerkarbeit findet neben festen Terminen (z.B. Sozialarbeitertreff 1x monatlich) täglich je nach Bedarf in unterschiedlichster Weise statt (Schulen, Kitas, Deutschkurs, Möbelmagazin, Anziehungspunkt, Ehrenamtliche)

Im Folgenden möchte ich unter Bezugnahme auf meinen Berichtsschwerpunkt auf die aktuelle Zuweisungssituation, die Unterbringung der AsylbewerberInnen in unseren Übergangsheimen und die Basis-Integrationsarbeit nach der Ankunft in Havixbeck eingehen:

 

III a. Zuweisungssituation:

Im Berichtszeitraum wurden uns 59 Personen zugewiesen. Von Dezember 2011 bis Januar dieses Jahres waren es durchschnittlich 1-2 Personen. In den letzten 8 Wochen wurden uns demgegenüber insgesamt 27 Personen zugewiesen. 

5 Familien mit insgesamt 31 Personen (davon eine Familie mit 8 Pers: 09/12 zugewiesen, 10/13 ausgereist u. 02/14 wieder eingereist, eine mit 7 Pers, 2 mit 4 Pers.) und

 28 Einzelpersonen (3 Frauen, 25 Männer)

Die aktuelle Statistik ist ausgeglichen, das bedeutet, dass wir je nach Flüchtlingsaufkommen zurzeit nicht mit Neuaufnahmen rechnen. Die Statistik ist ein Instrument zur Orientierung, aber keineswegs verlässlich, da sie sich anhand der Einwanderungssituation errechnet und diese sich täglich stark verändern kann. Und außerdem erfasst sie nicht die Personen, die zum wiederholten Male in Deutschland einreisen und dann dem Ort direkt zugewiesen werden, an dem sie sich zuletzt aufgehalten haben.

Zurzeit leben 57 Menschen in unseren gemeindlichen Unterkünften an der Altenberger Straße (Haus Wübken), am Mergelkamp und auf dem Stift in Hohenholte (Alte Schule). Sie haben folgenden Aufenthaltsstatus:

Duldungen: 23

Aufenthaltsgestattungen: 23

Befristete Aufenthaltserlaubnisse: 11

Es gab im Berichtszeitraum zwei freiwillige Ausreisen (2 Einzelpersonen, 7 köpfige Familie), 2 Umverteilungen einzelner Männer in andere Städte aufgrund von Familienzusammenführung und 2 Ausreisen in sichere Drittstaaten (Italien, Schweiz) aufgrund des Dublin-Vertrages sind in Vorbereitung durch die Ausländerbehörde. Es kommt auch immer wieder vor, dass wir Asylbewerber von Amts wegen abmelden müssen, da sie sich nicht mehr in Havixbeck aufhalten.

 

III b. Unterbringungssituation:

Altenberger Straße 40:

Hier leben insgesamt 35 Migranten aus 13 verschiedenen Nationen:

Bangladesch (3), Mongolei (1),  Afghanistan (1), Eritrea (2), Ägypten (1), Libanon (1), Algerien (1), Marokko (1), Guinea (5), Indien (1), Montenegro (8), Ghana (1),

Syrien (1), Albanien (4), Mazedonien (4)

 

Das sind 3 Familien (16 Pers.) und 19 Einzelpersonen

 

Mergelkamp 30:

In diesem Haus leben 15 Personen aus 5 verschiedenen Nationen:

Kosovo (5), Türkei (6), Afghanistan (2), Sri Lanka (1), Marokko (1)

Hierbei handelt es sich um 3 Familien (darunter eine alleinerziehende Mutter mit ihrem 9 j. Sohn) und 2 jungen Männern.

 

Auf dem Stift 11

Hier lebt seit Mitte Februar eine 7 köpfige serbische Familie, wobei die Mutter alleinerziehend ist.

Zurzeit befinden wir uns an der Grenze der Belegungsmöglichkeiten. Im Falle weiterer Zuzüge von Einzelpersonen, können wir diese in den Zimmern, die zurzeit mit nur einer Person belegt sind, zusätzlich unterbringen. Dabei ist zu bedenken, dass eine noch engere Nutzung der Räume auch zu stärkeren Engpässen bei der Nutzung der Gemeinschaftsräume führt und dieses ggf. weiteres Konfliktpotential mit sich bringt. Es ist also nicht sinnvoll nur auf das faktisch Machbare bei der Belegung zu schauen. Das Ganze muss sehr differenziert und umsichtig von mehreren Seiten aus betrachtet werden, um einen positiven Einfluss auf das friedliche Miteinander nehmen zu können.

Die vorgenannte Belegung der Unterkünfte macht deutlich, wie viele Menschen aus den unterschiedlichsten Regionen der Welt hier  zusammenleben und in besonderer Weise an der Altenberger Straße auch ihren Alltag teilen müssen, indem sie ihren Wohn/Schlafraum und die Gemeinschaftsräume wie Küche, Bäder und Flurbereiche gemeinsam nutzen. Es kommen Menschen mit verschiedensten religiösen (Christen, Moslems, Hindus) und kulturellen Hintergründen zusammen. Dieses erfordert von allen ein sehr hohes Maß an Toleranz und Disziplin.

Im Alltag bedeutet das, dass es Konflikte gibt, dass viele Gespräche geführt werden müssen und dass z.B. auch mal Zimmer/Wohnungen getauscht werden müssen, um Situationen zu entspannen. Allen BewohnerInnen gemeinsam ist die Tatsache, dass sie als AsylbewerberInnen in einer ihnen völlig fremden Umgebung leben und das verbindet sie in gewisser Weise auch miteinander. Es ist zu beobachten, dass so manche Freundschaft geschlossen wird, man sich gegenseitig unterstützt und in der ersten Zeit begleitet. Insbesondere die Asylbewerber, die zuletzt gekommen sind, suchen mich sehr oft mit allen möglichen Anliegen in meinem Büro auf und ich versuche sie so gut es geht, z.B. beim Verstehen von Briefen, Ausfüllen von Formularen, Gesprächen mit der Ausländerbehörde, Arztbesuchen oder Konflikten zu unterstützen.

Dadurch, dass es in den letzten Monaten viele Neuzuweisungen gab, darauf oft mit Umzügen innerhalb des Hauses reagiert werden muss, um eine möglichst optimale Belegung zu erreichen, steigt mitunter auch die Anspannung für alle. Wer kommt da? Wo wird er wohnen, wer muss enger zusammenrücken…. Diese und ähnliche Fragen stellen sich dann. Hier ist gut auf Stimmungen zu achten und Offenheit zu zeigen für die Nöte der Bewohner und ggf. auch Konsequenzen zu ziehen, so gut das unter den Rahmenbedingungen geht. Nicht alles was wünschenswert und nachvollziehbar ist, kann realisiert werden. Diese Arbeit wird im Team geleistet. Der Hausmeister, Herr Neumann, die zuständige Kollegin vom Bauamt, Frau Wegs, und ich, arbeiten hier eng und sehr konstruktiv zusammen.

An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass vor diesem Hintergrund in den letzten Wochen im Rahmen eines Abwägungsprozesses mit allen beteiligten Stellen die verschiedenen Möglichkeiten für weitere Aufnahmen von Flüchtlingen geprüft wurden. Danach wurde die Entscheidung getroffen, das Gebäude Schützenstraße 49 für diesen Zweck vorzubereiten. Da nicht absehbar ist, ob und wann eine Belegung des Gebäudes erforderlich wird, im Falle einer Neuaufnahme aber nur ein Zeitfenster von maximal einer Woche zur Verfügung steht, wurde das Gebäude zunächst mit geringem Aufwand derart vorbereitet, dass das Erdgeschoss innerhalb weniger Tage bewohnt werden kann. Erfahrungsgemäß können dort 8-10 Personen wohnen. Sollte eine Belegung tatsächlich erfolgen, so würden weitere erforderliche Arbeiten durchgeführt.  Sollte sich ein darüber hinaus gehender Wohnraumbedarf abzeichnen, könnte auch das Obergeschoss wieder hergerichtet werden. Hierdurch stünde zusätzlicher Wohnraum für bis zu 6 Personen zur Verfügung.

Diese Vorgehensweise bietet die notwendige Flexibilität um zeitnah auf Zuweisungsankündigungen reagieren zu können, wobei keine erheblichen laufenden Kosten entstehen.

 

III c. Basis-Integrationsarbeit:

Im Gegensatz zu Familienverbänden stellt die Integration der einzelnen jungen Männer eine andere Herausforderung dar. Die meisten von Ihnen möchten nicht in einem kleineren Ort wie Havixbeck leben, sondern lieber in einer größeren Stadt, in der sie für sich mehr Möglichkeiten sehen. Die Enttäuschung ist ihnen am Ankunftstag oft schon anzumerken und sie erkundigen sich sehr schnell nach der Möglichkeit öffentlicher  Verkehrsmittel in Richtung Münster oder Ruhrgebiet. Sie haben trotz der Wohnsitzauflage Havixbeck, die Möglichkeit sich vorübergehend in ganz NRW aufzuhalten, um z.B. Freunde, Familie etc. zu treffen.

Sofort am Ankunftstag erfolgt die Anbindung an den VHS-Deutschkurs, den Frau Mchiche leitet. Das ist insofern wichtig, als dass die Neuankömmlinge sehen, dass sie sich nicht allein in dieser besonderen Lebenssituation befinden. Hier werden über den Unterricht hinaus Kontakte geknüpft.  An drei Vormittagen unterrichtet Frau Mchiche im ev. Gemeindezentrum eine multikulturelle Gruppe mit den unterschiedlichsten Vorkenntnissen in zwei Kursen (Einsteiger/Fortgeschrittene). Neben dem Spracherwerb leistet Frau Mchiche in enger Zusammenarbeit mit mir wertvolle Integrationsarbeit. So werde ich von ihr auf Befindlichkeiten, Konflikte, Nöte und Sorgen aufmerksam gemacht oder sie schickt ihre SchülerInnen direkt zu mir. Leider gibt es auch AsylbewerberInnen, die nach kurzer Zeit nicht mehr zum Unterricht gehen. Und somit auch eher aus dem Blick geraten. In diesen Fällen fordern wir die Asylbewerber auf, gemeinnützig zu arbeiten, um dadurch den Kontakt zu ihnen zu halten und ihnen die Möglichkeit eines geregelten, strukturierten Alltags zu bieten

Zeitnah nach ihrer Ankunft gehen viele der jungen Asylbewerber ins EVA. Dort haben sie ebenfalls die Möglichkeit Kontakte zu knüpfen, mit den Sozialarbeitern zu sprechen, das Internet zu nutzen und ihre viele freie Zeit außerhalb des Übergangsheims zu verbringen (sie dürfen frühestens nach einem Jahr eine Arbeit aufnehmen). Wenn sie diese beiden Möglichkeiten (Schule u. Jugendzentrum) nutzen, dann ist Havixbeck oft schon gar nicht mehr so klein und bestenfalls fühlen sie sich auch  wohler als nach dem ersten Eindruck.

Die Anbindung der Familien an Kitas und Schulen stellt eine wesentliche Verbindung dar, über die ich Informationen bekomme und die es mir ermöglichen, bei Bedarf zeitnah zu unterstützen und zu lenken.

Ein weiterer Aspekt der anfänglichen Integrationsarbeit ist die gute Zusammenarbeit mit dem Hausmeister vor Ort in den Übergangshäusern, Herr Neumann. Er leistet ebenfalls viel wertvolle Arbeit im Umgang mit den Asylbewerbern. Er achtet auf die Einhaltung gewisser Regeln des Zusammenlebens und hat auch stets ein offenes Ohr für die Bewohner. Es gelingt ihm sich den nötigen Respekt zu verschaffen und trotzdem in einem guten Kontakt zu bleiben. Der regelmäßige Austausch mit Herrn Neumann und Frau Wegs über die Situation in den Häusern, ist für meine Arbeit sehr wichtig, da ich darüber Einblicke bekomme, die ich so nicht immer hätte, um unterstützen zu können.

Diese vier vorgenannten Arbeitsfelder bilden in enger Kooperation mit mir, die Basis für die weitergehende Integration. So zum Beispiel die Einbindung der jungen Asylbewerber in die Projektarbeit des INCA, in den Sport- oder andere örtliche Vereine, in die Musikschule,  in ehrenamtliche Tätigkeiten, Institutionen wie den TiFF ….

Für heute möchte ich mich wie angekündigt, wegen des Zeitrahmens auf diese Basis-Integrationsarbeit beschränken.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit! Gerne beantworte ich weitergehende Fragen.

 

 

Ausschussvorsitzende Schäpers bedankt sich bei Frau Edelkamp für ihren Bericht und äußert ihre Anerkennung für die von ihr geleistete Arbeit. Daraufhin erhalten die Ausschussmitglieder die Gelegenheit Frau Edelkamp Fragen zu stellen.

 

Frau Brinkforth-Kemper möchte wissen, wer Frau Mchiche sei. Frau Edelkamp gibt an, dass Frau Mchiche seit einigen Jahren als Dozentin an der Volkshochschule in Dülmen tätig sei und in Havixbeck an drei Tagen die Woche Deutsch-Kurse anbieten würde.

 

Auf die Frage von Frau Monse nach der Altersstruktur der in Havixbeck lebenden Migranten, antwortet Frau Edelkamp, dass diese zwischen 25-35 Jahren liegen würde.  Nur eine Person sei über 40 Jahre alt.

 

Herr Schultze fragt, wie die Migranten in Havixbeck ankommen würden. Auf diese Frage gibt Frau Edelkamp eine ausführliche Antwort über den genauen Ablauf der Begrüßung, das Anmeldeverfahren sowie die Unterbringung und Versorgung der Migranten.

 

Frau Weitkamp fragt nach, welche Kriterien für die Aufteilung der Migranten an die jeweiligen Gemeinden maßgeblich sind. Frau Edelkamp gibt an, dass die maßgeblichen Kriterien die Fläche und die Einwohnerzahl einer Stadt/Gemeinde seien.

 

Herr Dr. Habbel erläutert die Probleme von Schulen im Ruhrgebiet, die eine hohe Anzahl an Migranten aufnehmen müssten an. Frau Schäpers stimmt ihm zu, gibt aber auch zu bedenken, dass dies in Havixbeck nicht der Fall sei.

 

Frau Schäpers und Bürgermeister Gromöller bedanken sich bei Frau Edelkamp. Frau Schäpers bittet sie bei eventuellen Problemen sich mit einem Zwischenbericht bei Herrn Bürgermeister Gromöller zu melden. Dank wird auch an die übrigen MitarbeiterInnen des EVA, Herrn Neumann und an Frau Wegs, Herrn Habbel und Frau Sommer geäußert, ohne deren gute Zusammenarbeit die Versorgung der Migranten erheblich schwieriger zu meistern sein würde.