Sitzung: 25.03.2014 Ausschuss für Jugend, Soziales, Schule und Sport
Ausschussvorsitzende
Schäpers begrüßt Frau Edelkamp und gibt eine kurze Zusammenfassung über deren
Arbeit in der Gemeindeverwaltung. Danach fasst Frau Schäpers den Verlauf der
Ortsbesichtigung des Hauses Wübken zusammen. Das Gebäude mit den sanitären
Anlagen sei in einem guten Zustand.
Daraufhin
bittet Frau Schäpers Frau Edelkamp um ihren Bericht.
Frau Edelkamp berichtet
wie folgt:
Bericht über die
aktuelle Migrantenarbeit in Havixbeck
Zahlenangaben Stand: 26.02.2014
Berichtszeitraum: 12/11 bis 02/14
I. Einführung:
Mein
letzter Bericht zur Migrantenarbeit liegt nun ca. 2 Jahre zurück und es ist
festzustellen, dass in dieser Zeit recht viel „Bewegung“ in diesem Arbeitsfeld
zu verzeichnen ist. Zum Einen sind es die Veränderungen in der
Integrationsarbeit und zum Anderen in der aktuellen Aufnahmesituation von Menschen,
die ihre Heimat aus den unterschiedlichsten Gründen verlassen haben und der
Gemeinde Havixbeck zugewiesen wurden.
Alle
Aspekte der Integrationsarbeit im Detail zu erläutern würde sicher den Rahmen
dieses Berichtes sprengen und deshalb möchte ich das Hauptaugenmerk auf
die Entwicklung im Rahmen der vielen
Neuzuweisungen/Rückkehrer im Berichtszeitraum besonders aber im letzten halben
Jahr lenken. Die damit verbundenen Anforderungen betreffen unterschiedliche Arbeitsbereiche
der Integration.
Bevor
ich darauf näher eingehe, möchte ich Ihnen einige aktuelle Zahlen und Fakten
nennen:
II. Aktuelle Zahlen:
Zur
Zeit leben in Havixbeck 408 ausländische
MitbürgerInnen (211 m. 197 w.), das sind 3,41 % bezogen auf die
Gesamtbevölkerungszahl (11824) von Havixbeck. In dieser Zahl sind nicht die
Personen enthalten, die die doppelte Staatsangehörigkeit haben (391). Die
MigrantInnen kommen aus 66 verschiedenen Nationen, wobei sich diese Zahl
relativiert, wenn man nur die Staaten berücksichtigt, aus denen 5 und mehr
Personen kommen. Dann sind es noch Menschen aus 23 verschiedenen
Herkunftsländern, die in Havixbeck leben.
III.
Aufgabenschwerpunkte:
Meine
Arbeit umfasst zwei Aufgabenschwerpunkte: da ist die Begleitung der neu
zugewiesenen Menschen mit allem, was den Alltag ausmacht (Wohnen, Schulbesuch,
Kita, Gesundheit, rechtl. u. finanzielle Situation, Behördenangelegenheiten,
ggf. Arbeitssuche, Konfliktbewältigung…) und die integrative Arbeit im
Allgemeinen, wozu auch die Projektarbeit mit den ausländischen MitbürgerInnen
gehört, die schon seit Jahren in Havixbeck leben und teilweise auch recht gut
integriert sind.
Die
bereits in früheren Berichten geschilderte Netzwerkarbeit findet neben festen
Terminen (z.B. Sozialarbeitertreff 1x monatlich) täglich je nach Bedarf in
unterschiedlichster Weise statt (Schulen, Kitas, Deutschkurs, Möbelmagazin,
Anziehungspunkt, Ehrenamtliche)
Im
Folgenden möchte ich unter Bezugnahme auf meinen Berichtsschwerpunkt auf die
aktuelle Zuweisungssituation, die Unterbringung der AsylbewerberInnen in
unseren Übergangsheimen und die Basis-Integrationsarbeit nach der Ankunft in
Havixbeck eingehen:
III a.
Zuweisungssituation:
Im
Berichtszeitraum wurden uns 59 Personen zugewiesen. Von Dezember 2011 bis Januar
dieses Jahres waren es durchschnittlich 1-2 Personen. In den letzten 8 Wochen
wurden uns demgegenüber insgesamt 27 Personen zugewiesen.
5
Familien mit insgesamt 31 Personen (davon eine Familie mit 8 Pers: 09/12
zugewiesen, 10/13 ausgereist u. 02/14 wieder eingereist, eine mit 7 Pers, 2 mit
4 Pers.) und
28 Einzelpersonen (3 Frauen, 25 Männer)
Die
aktuelle Statistik ist ausgeglichen, das bedeutet, dass wir je nach
Flüchtlingsaufkommen zurzeit nicht mit Neuaufnahmen rechnen. Die Statistik ist
ein Instrument zur Orientierung, aber keineswegs verlässlich, da sie sich
anhand der Einwanderungssituation errechnet und diese sich täglich stark
verändern kann. Und außerdem erfasst sie nicht die Personen, die zum
wiederholten Male in Deutschland einreisen und dann dem Ort direkt zugewiesen
werden, an dem sie sich zuletzt aufgehalten haben.
Zurzeit
leben 57 Menschen in unseren gemeindlichen Unterkünften an der Altenberger
Straße (Haus Wübken), am Mergelkamp und auf dem Stift in Hohenholte (Alte
Schule). Sie haben folgenden Aufenthaltsstatus:
Duldungen:
23
Aufenthaltsgestattungen:
23
Befristete
Aufenthaltserlaubnisse: 11
Es
gab im Berichtszeitraum zwei freiwillige Ausreisen (2 Einzelpersonen, 7 köpfige
Familie), 2 Umverteilungen einzelner Männer in andere Städte aufgrund von
Familienzusammenführung und 2 Ausreisen in sichere Drittstaaten (Italien,
Schweiz) aufgrund des Dublin-Vertrages sind in Vorbereitung durch die
Ausländerbehörde. Es kommt auch immer wieder vor, dass wir Asylbewerber von
Amts wegen abmelden müssen, da sie sich nicht mehr in Havixbeck aufhalten.
III b.
Unterbringungssituation:
Altenberger Straße 40:
Hier
leben insgesamt 35 Migranten aus 13 verschiedenen Nationen:
Bangladesch
(3), Mongolei (1), Afghanistan (1), Eritrea
(2), Ägypten (1), Libanon (1), Algerien (1), Marokko (1), Guinea (5), Indien
(1), Montenegro (8), Ghana (1),
Syrien
(1), Albanien (4), Mazedonien (4)
Das
sind 3 Familien (16 Pers.) und 19 Einzelpersonen
Mergelkamp 30:
In
diesem Haus leben 15 Personen aus 5 verschiedenen Nationen:
Kosovo
(5), Türkei (6), Afghanistan (2), Sri Lanka (1), Marokko (1)
Hierbei
handelt es sich um 3 Familien (darunter eine alleinerziehende Mutter mit ihrem
9 j. Sohn) und 2 jungen Männern.
Auf dem Stift 11
Hier
lebt seit Mitte Februar eine 7 köpfige serbische Familie, wobei die Mutter
alleinerziehend ist.
Zurzeit
befinden wir uns an der Grenze der Belegungsmöglichkeiten. Im Falle weiterer
Zuzüge von Einzelpersonen, können wir diese in den Zimmern, die zurzeit mit nur
einer Person belegt sind, zusätzlich unterbringen. Dabei ist zu bedenken, dass
eine noch engere Nutzung der Räume auch zu stärkeren Engpässen bei der Nutzung
der Gemeinschaftsräume führt und dieses ggf. weiteres Konfliktpotential mit
sich bringt. Es ist also nicht sinnvoll nur auf das faktisch Machbare bei der
Belegung zu schauen. Das Ganze muss sehr differenziert und umsichtig von
mehreren Seiten aus betrachtet werden, um einen positiven Einfluss auf das
friedliche Miteinander nehmen zu können.
Die
vorgenannte Belegung der Unterkünfte macht deutlich, wie viele Menschen aus den
unterschiedlichsten Regionen der Welt hier
zusammenleben und in besonderer Weise an der Altenberger Straße auch
ihren Alltag teilen müssen, indem sie ihren Wohn/Schlafraum und die Gemeinschaftsräume
wie Küche, Bäder und Flurbereiche gemeinsam nutzen. Es kommen Menschen mit
verschiedensten religiösen (Christen, Moslems, Hindus) und kulturellen
Hintergründen zusammen. Dieses erfordert von allen ein sehr hohes Maß an
Toleranz und Disziplin.
Im
Alltag bedeutet das, dass es Konflikte gibt, dass viele Gespräche geführt
werden müssen und dass z.B. auch mal Zimmer/Wohnungen getauscht werden müssen,
um Situationen zu entspannen. Allen BewohnerInnen gemeinsam ist die Tatsache,
dass sie als AsylbewerberInnen in einer ihnen völlig fremden Umgebung leben und
das verbindet sie in gewisser Weise auch miteinander. Es ist zu beobachten,
dass so manche Freundschaft geschlossen wird, man sich gegenseitig unterstützt
und in der ersten Zeit begleitet. Insbesondere die Asylbewerber, die zuletzt
gekommen sind, suchen mich sehr oft mit allen möglichen Anliegen in meinem Büro
auf und ich versuche sie so gut es geht, z.B. beim Verstehen von Briefen,
Ausfüllen von Formularen, Gesprächen mit der Ausländerbehörde, Arztbesuchen
oder Konflikten zu unterstützen.
Dadurch,
dass es in den letzten Monaten viele Neuzuweisungen gab, darauf oft mit Umzügen
innerhalb des Hauses reagiert werden muss, um eine möglichst optimale Belegung
zu erreichen, steigt mitunter auch die Anspannung für alle. Wer kommt da? Wo
wird er wohnen, wer muss enger zusammenrücken…. Diese und ähnliche Fragen
stellen sich dann. Hier ist gut auf Stimmungen zu achten und Offenheit zu
zeigen für die Nöte der Bewohner und ggf. auch Konsequenzen zu ziehen, so gut das
unter den Rahmenbedingungen geht. Nicht alles was wünschenswert und
nachvollziehbar ist, kann realisiert werden. Diese Arbeit wird im Team
geleistet. Der Hausmeister, Herr Neumann, die zuständige Kollegin vom Bauamt,
Frau Wegs, und ich, arbeiten hier eng und sehr konstruktiv zusammen.
An
dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass vor diesem Hintergrund in den
letzten Wochen im Rahmen eines Abwägungsprozesses mit allen beteiligten Stellen
die verschiedenen Möglichkeiten für weitere Aufnahmen von Flüchtlingen geprüft
wurden. Danach wurde die Entscheidung getroffen, das Gebäude Schützenstraße 49
für diesen Zweck vorzubereiten. Da nicht absehbar ist, ob und wann eine
Belegung des Gebäudes erforderlich wird, im Falle einer Neuaufnahme aber nur
ein Zeitfenster von maximal einer Woche zur Verfügung steht, wurde das Gebäude
zunächst mit geringem Aufwand derart vorbereitet, dass das Erdgeschoss
innerhalb weniger Tage bewohnt werden kann. Erfahrungsgemäß können dort 8-10
Personen wohnen. Sollte eine Belegung tatsächlich erfolgen, so würden weitere
erforderliche Arbeiten durchgeführt.
Sollte sich ein darüber hinaus gehender Wohnraumbedarf abzeichnen,
könnte auch das Obergeschoss wieder hergerichtet werden. Hierdurch stünde
zusätzlicher Wohnraum für bis zu 6 Personen zur Verfügung.
Diese
Vorgehensweise bietet die notwendige Flexibilität um zeitnah auf
Zuweisungsankündigungen reagieren zu können, wobei keine erheblichen laufenden
Kosten entstehen.
III c.
Basis-Integrationsarbeit:
Im
Gegensatz zu Familienverbänden stellt die Integration der einzelnen jungen
Männer eine andere Herausforderung dar. Die meisten von Ihnen möchten nicht in
einem kleineren Ort wie Havixbeck leben, sondern lieber in einer größeren
Stadt, in der sie für sich mehr Möglichkeiten sehen. Die Enttäuschung ist ihnen
am Ankunftstag oft schon anzumerken und sie erkundigen sich sehr schnell nach
der Möglichkeit öffentlicher
Verkehrsmittel in Richtung Münster oder Ruhrgebiet. Sie haben trotz der
Wohnsitzauflage Havixbeck, die Möglichkeit sich vorübergehend in ganz NRW
aufzuhalten, um z.B. Freunde, Familie etc. zu treffen.
Sofort
am Ankunftstag erfolgt die Anbindung an den VHS-Deutschkurs, den Frau Mchiche leitet. Das ist insofern wichtig,
als dass die Neuankömmlinge sehen, dass sie sich nicht allein in dieser
besonderen Lebenssituation befinden. Hier werden über den Unterricht hinaus
Kontakte geknüpft. An drei Vormittagen
unterrichtet Frau Mchiche im ev. Gemeindezentrum eine multikulturelle Gruppe
mit den unterschiedlichsten Vorkenntnissen in zwei Kursen
(Einsteiger/Fortgeschrittene). Neben dem Spracherwerb leistet Frau Mchiche in
enger Zusammenarbeit mit mir wertvolle Integrationsarbeit. So werde ich von ihr
auf Befindlichkeiten, Konflikte, Nöte und Sorgen aufmerksam gemacht oder sie
schickt ihre SchülerInnen direkt zu mir. Leider gibt es auch AsylbewerberInnen,
die nach kurzer Zeit nicht mehr zum Unterricht gehen. Und somit auch eher aus
dem Blick geraten. In diesen Fällen fordern wir die Asylbewerber auf,
gemeinnützig zu arbeiten, um dadurch den Kontakt zu ihnen zu halten und ihnen
die Möglichkeit eines geregelten, strukturierten Alltags zu bieten
Zeitnah
nach ihrer Ankunft gehen viele der jungen Asylbewerber ins EVA. Dort haben sie ebenfalls die Möglichkeit Kontakte zu knüpfen,
mit den Sozialarbeitern zu sprechen, das Internet zu nutzen und ihre viele
freie Zeit außerhalb des Übergangsheims zu verbringen (sie dürfen frühestens
nach einem Jahr eine Arbeit aufnehmen). Wenn sie diese beiden Möglichkeiten
(Schule u. Jugendzentrum) nutzen, dann ist Havixbeck oft schon gar nicht mehr
so klein und bestenfalls fühlen sie sich auch
wohler als nach dem ersten Eindruck.
Die
Anbindung der Familien an Kitas und
Schulen stellt eine wesentliche Verbindung dar, über die ich Informationen
bekomme und die es mir ermöglichen, bei Bedarf zeitnah zu unterstützen und zu
lenken.
Ein
weiterer Aspekt der anfänglichen Integrationsarbeit ist die gute Zusammenarbeit
mit dem Hausmeister vor Ort in den Übergangshäusern, Herr Neumann. Er leistet
ebenfalls viel wertvolle Arbeit im Umgang mit den Asylbewerbern. Er achtet auf
die Einhaltung gewisser Regeln des Zusammenlebens und hat auch stets ein
offenes Ohr für die Bewohner. Es gelingt ihm sich den nötigen Respekt zu
verschaffen und trotzdem in einem guten Kontakt zu bleiben. Der regelmäßige
Austausch mit Herrn Neumann und Frau
Wegs über die Situation in den Häusern, ist für meine Arbeit sehr wichtig,
da ich darüber Einblicke bekomme, die ich so nicht immer hätte, um unterstützen
zu können.
Diese
vier vorgenannten Arbeitsfelder bilden in enger Kooperation mit mir, die Basis
für die weitergehende Integration. So zum Beispiel die Einbindung der jungen
Asylbewerber in die Projektarbeit des INCA, in den Sport- oder andere örtliche
Vereine, in die Musikschule, in
ehrenamtliche Tätigkeiten, Institutionen wie den TiFF ….
Für
heute möchte ich mich wie angekündigt, wegen des Zeitrahmens auf diese
Basis-Integrationsarbeit beschränken.
Ich
danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit! Gerne beantworte ich weitergehende Fragen.
Ausschussvorsitzende
Schäpers bedankt sich bei Frau Edelkamp für ihren Bericht und äußert ihre
Anerkennung für die von ihr geleistete Arbeit. Daraufhin erhalten die
Ausschussmitglieder die Gelegenheit Frau Edelkamp Fragen zu stellen.
Frau
Brinkforth-Kemper möchte wissen, wer Frau Mchiche sei. Frau Edelkamp gibt an,
dass Frau Mchiche seit einigen Jahren als Dozentin an der Volkshochschule in
Dülmen tätig sei und in Havixbeck an drei Tagen die Woche Deutsch-Kurse
anbieten würde.
Auf
die Frage von Frau Monse nach der Altersstruktur der in Havixbeck lebenden
Migranten, antwortet Frau Edelkamp, dass diese zwischen 25-35 Jahren liegen
würde. Nur eine Person sei über 40 Jahre
alt.
Herr
Schultze fragt, wie die Migranten in Havixbeck ankommen würden. Auf diese Frage
gibt Frau Edelkamp eine ausführliche Antwort über den genauen Ablauf der
Begrüßung, das Anmeldeverfahren sowie die Unterbringung und Versorgung der
Migranten.
Frau
Weitkamp fragt nach, welche Kriterien für die Aufteilung der Migranten an die
jeweiligen Gemeinden maßgeblich sind. Frau Edelkamp gibt an, dass die
maßgeblichen Kriterien die Fläche und die Einwohnerzahl einer Stadt/Gemeinde
seien.
Herr
Dr. Habbel erläutert die Probleme von Schulen im Ruhrgebiet, die eine hohe
Anzahl an Migranten aufnehmen müssten an. Frau Schäpers stimmt ihm zu, gibt
aber auch zu bedenken, dass dies in Havixbeck nicht der Fall sei.
Frau
Schäpers und Bürgermeister Gromöller bedanken sich bei Frau Edelkamp. Frau
Schäpers bittet sie bei eventuellen Problemen sich mit einem Zwischenbericht bei
Herrn Bürgermeister Gromöller zu melden. Dank wird auch an die übrigen
MitarbeiterInnen des EVA, Herrn Neumann und an Frau Wegs, Herrn Habbel und Frau
Sommer geäußert, ohne deren gute Zusammenarbeit die Versorgung der Migranten
erheblich schwieriger zu meistern sein würde.