Der Geschäftsführer der Stift Tilbeck GmbH, Herr Jacobs, ist zur heutigen Sitzung eingeladen. Er führt aus, dass die Mitteilung der Küchenschließung über die Medien zu großen Resonanzen geführt hat, wobei die zugrundeliegende Entscheidung eine seiner schwersten im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit im Stift Tilbeck gewesen ist. Vielfach ist er gefragt worden, warum die Küche geschlossen wurde. Aus diesem Grunde erläutert er den Ausschussmitgliedern mittels einer PowerPoint-Präsentation, die im Ratsinformationssystem Session als Anlage 1 zum Protokoll eingestellt ist, die konzeptionellen und wirtschaftlichen Beweggründe. Einleitend führt er aus, dass die Entscheidung im Rahmen eines langen Beratungsprozesses unter Einbeziehung des Hausvorstandes und mit Zustimmung des Aufsichtsrates getroffen worden ist.

 

Im Wesentlichen sind fünf Aspekte entscheidend gewesen:

 

Eine Zentralküche mit Abnahmepflicht ist politisch und konzeptionell nicht mehr gewollt. Die Arbeitsleistung der hauswirtschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird heute nicht mehr in der großen Zentralküche sondern in den Wohngruppen benötigt. In den Wohngruppen wird unter Einbeziehung der BewohnerInnen das Essen selbstständig zubereitet.

 

Die bauliche und technische Ausstattung der jetzigen Großküche ist nicht mehr zeitgerecht und führt unter dem Gesichtspunkt der Ablauforganisation und der energetischen Bewirtschaftung zu Schwierigkeiten. Ein bedarfsgerechter Neubau wäre zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit notwendig.

 

Die Zahl der behinderten Menschen, die in den letzten Jahren die Leistungen der Zentralküche beziehen, geht kontinuierlich zurück. Die nachgefragten Leistungen rechtfertigen die derzeitige Größe der Küche seit Jahren nicht mehr. Die zur Auslastung der Küche zugewonnenen, externen Kunden können nur gehalten werden, wenn der benötigte Preis für ein Essen auch beim Abnehmer erzielbar ist.

 

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Tilbecker Zentralküche werden nach dem Caritas-Tarifvertrag AVR bezahlt. Die Tarifsteigerungen der letzten Jahre waren so erheblich, dass sie einen bedeutsamen Anstieg der zu erzielenden Verkaufspreise zur Folge haben. Die dadurch bedingten Preissteigerungen des Essens führen dazu, dass externe Kunden abspringen und Einnahmeausfälle zu erwarten sind.

 

Die Kosten für einen Küchenneubau belaufen sich auf mindestens 2,5 Mio. €. Diese Investition ist nur gerechtfertigt, wenn sie über die verkauften Essen refinanziert werden kann. Der dann zugrunde zulegende Preis ist für die externen Kunden nicht akzeptabel (z. B. eine Preissteigerung Kosten/Essen von unter 4 € auf ca. 6,50 €). Für eine ausschließliche Versorgung der internen Kunden wird eine Küche in der jetzigen Größe nicht mehr benötigt.

 

Die einzelnen Aspekte werden von Herrn Jacobs ausführlich erläutert. Er weist auch darauf hin, dass er durch einen Brief an den Bürgermeister sowie an die im Rat vertretenen Fraktionen dargestellt hat, welche Gründe ursächlich für die Küchenschließung waren. Dieser Brief ist auf der Homepage der Stift Tilbeck GmbH eingestellt.

 

Auf die Frage wie es nach der geplanten Küchenschließung ab 01.10.2014 hinsichtlich der Versorgung der internen Kunden im Stift Tilbeck weitergeht, führt Herr Jacobs aus, dass zurzeit Gespräche sowohl mit der Werkstatt, mit dem Wohnbereich als auch weiteren internen Nachfragern geführt werden, um zu klären, welche Wünsche hinsichtlich Qualität und Struktur an das Essen gestellt werden. Danach soll ein bedarfsgerechtes Angebot erarbeitet werden.

 

Herr Hieke führt als einer der von der Küchenschließung betroffenen internen Kunden aus, dass die Möglichkeit Essen vor Ort beziehen zu können, bei der Standortwahl für das Stift Tilbeck seitens der Münsterlandschule eine wesentliche Bedeutung hatte. Dabei war aber berücksichtigt, dass der Preis zwischen 3 und 4 € pro Mahlzeit betrug. Ein höherer Preis ist für viele Familien, deren Kinder die Münsterlandschule besuchen, nicht mehr finanzierbar und insofern auch nicht akzeptabel. Die Münsterlandschule führt zurzeit Gespräche hinsichtlich einer Lieferung des Essens über einen externen Anbieter. Hier ist z. B. konkret der größte Anbieter für Biokost angefragt worden.

 

Durch Herrn Schultze wird die durch den Vortrag von Herrn Jacobs entstehende Transparenz hinsichtlich der Entscheidungsfindung begrüßt. Auch die im Bereich des Stift Tilbeck ehrenamtlich Tätigen erhalten jetzt die Möglichkeit, die getroffene Entscheidung nachzuvollziehen.

 

Frau Brinkforth-Kemper führt aus, dass der Unmut in der Bevölkerung über die getroffene Entscheidung unter anderem auch darauf zurückzuführen war, dass man fälschlicherweise davon ausging, Behindertenarbeitsplätze würden hierdurch entfallen. Dies sei jedoch in der Tat nicht so. In diesem Zusammenhang wird auch dargestellt, dass im Bereich des Cafés sowie der Kaffeerösterei zusätzlich Behindertenarbeitsplätze geschaffen worden sind.

 

Herr Jacobs führt auf Rückfrage ergänzend aus, dass fast alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die jetzt in der Küche tätig sind, eine neue Beschäftigung unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Qualifikation innerhalb der Stift Tilbeck GmbH erhalten werden.

 

Aufgrund der Vielzahl der im Zuhörerraum anwesenden interessierten Gäste unterbricht die Vorsitzende die Sitzung, um Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

 

Im Rahmen eines Wortbeitrages wird Unverständnis dahingehend geäußert, dass die wirtschaftlichen Aspekte für die Entscheidung im Vordergrund gestanden haben.  

 

Nach Wiederaufnahme der Sitzung spricht Herr Dr. Höfener Herrn Jacobs Dank für das Engagement des Stiftes Tilbeck zur dauerhaften Sicherung und dem Erhalt des Standortes aus. Diesen Worten schließt sich die Ausschussvorsitzende an und bedankt sich bei Herrn Jacobs für sein Kommen und seine klärenden Erläuterungen.