Bürgermeister Gromöller begrüßt zu diesem Tagesordnungspunkt Herrn Dr. Gunnar Stark und teilt mit, dass dieser vor der Sitzung in groben Zügen über die bisherige politische Beratung zur „Zinssicherung/-steuerung“ informiert worden sei.

 

Zunächst erläutert Herr Dr. Stark Begrifflichkeiten wie „Forward-Darlehen“, „Forward Swap“ „variabler Kredit“ oder „Doppelswap“ und erklärt die Struktur der verschiedenen Derivate anhand von Beispielen am Whiteboard. Er klärt über die seiner Ansicht nach mit einzelnen Geschäften verbundenen Risiken auf, die aus nicht vorhersehbaren Zinsentwicklungen resultieren.

 

Er erläutert am Beispiel eines gemeindlichen Kredits mit Ende der Zinsbindungsfrist in 2019, dass es drei verschiedene Möglichkeiten des Zinsmanagements gebe:

 

  1. Nach Auslauf der Zinsbindungsfrist wird ein neuer Zinssatz verhandelt. Weitere Zinssicherungsinstrumente kommen nicht zum Einsatz:
    • Vorteil: Ergibt sich im Zeitpunkt der Neuverhandlung in 2019 ein günstiger Zinssatz, zahlt die Gemeinde ab diesem Augenblick nur noch die reduzierten Zinsen.
    • Nachteil: Ergibt sich in 2019 eine ungünstige Zinssituation, muss die Gemeinde die dann bestehenden Konditionen akzeptieren. Sie kann die Nachteile ggf. durch Vereinbarung einer neuen kürzeren Zinsbindungsfrist reduzieren, wenn sie eine anschließende Senkung des Zinsniveaus erwartet.
  2. Vor Auslauf der Zinsbindungsfrist werden neue Zinskonditionen für die Zeit nach Auslauf der Zinsbindungsfrist verhandelt (= Forward Darlehen)
    • Vorteil: Der nach Ablauf der Zinsbindungsfrist ab 2019 zu zahlende Zinssatz wird jetzt schon gesichert. Lt. aktuellen Marktkonditionen könnte heute bereits ein Zinssatz ab 2019 für weitere 10 Jahre mit 3,36 % p.a. vereinbart werden. Die Zinsen für einen heute neu aufgenommen Kredit liegen zum Vergleich bei rd. 2 %.
    • Nachteil: Liegen die Marktzinsen in 2019 für eine 10jährige Zinsbindungsfrist unterhalb von 3,36 %, zahlt die Gemeinde ab 2019 objektiv gesehen einen zu hohen Zins. Die Differenz zwischen 3,36 % und dem heutigen Marktzins für 10jährige Zinsbindungsfrist stellt eine Risikoprämie für den Kreditgeber dar.
  3. Abschluss von Zinstauschgeschäften (Swaps)
    • Vorteil: Ein Receiver-Swap liefert angesichts des aktuell niedrigen Zinsniveaus am Markt kurzfristig Vorteile. Es ist in jedem Fall mit Ausschüttungen (tatsächliche Zahlungen an die Gemeinde) zu rechnen.
    • Nachteil: Die Swaps werden regelmäßig auf lange Zeit, teilweise bis Laufzeitende der Kredite (Grundgeschäfte) abgeschlossen. Da die zukünftige Entwicklung auch hier nicht zweifelsfrei entsteht, können anfängliche Erfolge aus den Receiver Swaps bei entsprechenden Marktentwicklungen aufgezehrt werden.

 

Anhand einer PowerPoint-Präsentation, die im Ratsinformationssystem Session als Anlage 3 zum Protokoll eingestellt ist, erklärt Dr. Stark mit Unterstützung von Grafiken und Zahlen die Entwicklung der Zinssätze und die Auswirkungen auf die verschiedenen Derivate.

 

Er erläutert, dass in den 90iger Jahren aufgrund hoher Zinssätze kurze Zinsbindungsfristen überwiegend ratsamer waren. Aufgrund niedriger Zinssätze sei eine Empfehlung heutzutage jedoch deutlich schwieriger. Da man nicht absehen könne, wie sich die Zinsen weiter entwickeln, könne man, um für Planungssicherheit zu sorgen, mit Forward Swap-Geschäften arbeiten und sich damit zumindest Zinsobergrenzen für die Zukunft festlegen. Ob diese Möglichkeit jedoch die wirtschaftlichste sei, könne man jedoch nicht vorab, sondern immer nur hinterher sagen. Zum Vergleich müsse man den Zinssatz für einen sofortigen Kredit beachten, der deutlich niedriger liegen könnte. Die Frage bleibe, ob man bereit sei, für die Absicherung gegen steigende Zinsen ggf. einen Preis für die Sicherheit (vergleichbar mit einer Versicherungsprämie) zu zahlen.

 

Im Anschluss an den Vortrag beantwortet Herr Dr. Stark die Fragen der Ausschussmitglieder.

 

Bürgermeister Gromöller möchte wissen, wie Herr Dr. Stark die Vorgehensweise mit zwei gegenläufigen Swaps beurteilt. Dieser antwortet, dass der Payer Swap für die Begrenzung zukünftiger Zinsen nach Ablauf der Zinsbindungsfrist Sicherheit biete, der Receiver Swap – Gemeinde erhält einen festen Zinssatz und muss variable Zinsen (z.B. nach 3-Monats-Euribor) zahlen – anfängliche „Gewinne“ für die Gemeinde bringe, mittel- bis langfristig angesichts eines augenblicklich vermeintlich günstigen Zinsniveaus jedoch auch Gefahren beinhalte, da die Entwicklung des jeweiligen Referenzzinssatzes nicht absehbar sei. Auch wenn man mit einem Überschuss starte, wisse man nicht, wie die Zinsentwicklung in Zukunft aussehe und was unterm Schlussstrich dabei herauskomme.

 

Es wird erörtert, wie die Berechnung der Honorarvergütung eines Dienstleisters aussehen könnte. Außerdem erläutert Herr Dr. Stark, dass seiner Ansicht nach bei einem Einsatz von Zinssteuerungsinstrumenten vollkommene Sicherheit nicht gegeben sein könne. Ein gewisses Maß an Risiko müsse in Kauf genommen werden. Auf den Einwand, dass andere Kommunen Zinsvorteile erwirtschaftet hätten, erwidert Herr Dr. Stark, dass er die getätigten Geschäfte nicht eingesehen bzw. analysiert und er daher keine abschließende Stellungnahme geben könne.

 

Herr Hense fragt, wo das Risiko liege, wenn bei einem negativen Verlauf der Zinsgeschäfte die Verträge aufgelöst werden. Herr Dr. Stark führt aus, dass die Banken üblicherweise bereit seien, Verträge vorzeitig aufzulösen. In diesen Fällen müsse jedoch eine Auflösungsprämie gezahlt werden. Je länger die Restlaufzeit des Receiver Swaps sei, umso höher sei die Auflösungsprämie. Diese seien also kalkulierbar.

 

Auf die Frage, was Herr Dr. Stark der Gemeinde Havixbeck empfehle, antwortet dieser, dass er nur eine persönliche Meinung äußern, aber keine Empfehlung geben könne. Er halte eine Mischung verschiedener Laufzeiten und den Abschluss einiger Forward Geschäfte in jedem Fall für ratsam.

 

Bürgermeister Gromöller öffnet die Sitzung, um weiteren Ratsmitgliedern, die im Sitzungssaal anwesend sind, die Möglichkeit zu geben, Fragen zu stellen.

Herr Dr. Wellenreuther regt an, für die mittelfristige Finanzplanung den Zinsbetrag, der zu zahlen sei, abzusichern und zum Bestandteil der Planung zu machen.

 

Bürgermeister Gromöller schließt die Sitzung und bedankt sich bei Herrn Dr. Stark für seine Ausführungen. Er habe den Wunsch, zu einer Entscheidung zu kommen und bittet die Ausschussmitglieder daher darum, die heutigen Informationen in die Fraktionen zu tragen und dort weiter zu beraten. Vor der kommenden Ratssitzung am 10.10.2013 bittet er um Rückmeldung, ob in der vorgenannten Ratssitzung eine Entscheidung getroffen werden könne.