Betreff
Einteilung des Wahlgebietes in Wahlbezirke und deren Abgrenzungen für die Kommunalwahl 2020 unter Berücksichtigung des Urteils des Verfassungsgerichtshofes NRW vom 20.12.2019
Vorlage
VO/013/2020
Aktenzeichen
063-20/20
Art
Verwaltungsvorlage

Begründung

Der Verfassungsgerichtshof des Landes NRW hat am 20.12.2019 das Urteil zur Abschaffung der Stichwahl gesprochen (VerfGH 35/19). Im Rahmen seiner Entscheidung hat der Verfassungsgerichtshof auch die Grundsätze zur Einteilung der Wahlbezirke nach § 4 Kommunalwahlgesetz (KWahlG) überprüft.  Nicht beanstandet wurde , dass nach der Änderung des KWahlG bei der Berechnung der Einwohnerzahl gemäß § 4 Abs. 2 Satz 4 nur Deutsche und EU-Staatsangehörige zu berücksichtigen sind, nicht aber sog. Drittstaatler.

 

Darüber hinaus enthält das Urteil umfängliche Ausführungen zur Abweichungsobergrenze des § 4 Abs. 2 Satz 3 KWahlG für die Einteilung der Kommunalwahlbezirke in Höhe von 25 %. Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes bedarf es einer verfassungskonformen Auslegung „der Regelungen“ zur Einteilung der Wahlbezirke. Er führt insoweit aus, dass

  • eine Abweichung von bis zu 15 % bezogen auf die Einwohnerinnen  und Einwohnern mit deutscher Staatsangehörigkeit bzw. der Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaates in der Regel unproblematisch sei.

Die vom Wahlausschuss der Gemeinde Havixbeck mit Beschluss vom 28.11.2019 (VO/102/2019) vorgenommene Einteilung der Wahlbezirke für die Kommunalwahl 2020 wurde daraufhin überprüft. Grundlage der Bildung der Wahlbezirke bildet die durchschnittliche Bevölkerungszahl, Stand 30.04.2019 mit 898 Personen (11.672 ./. 13 Bezirke).

Die Abweichungen betragen im Einzelnen:

Wahlbezirk Nr.

Bezeichnung

Zahl der Einwohner

Abweichung von durchschnittlicher Bevölkerungszahl

%-Satz

001

Von-Galen-Kindergarten

980

82

+ 9,5

002

Gesamtschule Altbau

805

93

- 10,4

003

DRK-Kindergarten

983

85

+ 9,5

004

Torhaus am Kirchplatz

941

43

+ 4,8

005

Caritas Tagespflege

833

65

- 7,2

006

Sandsteinmuseum

866

32

- 3,6

007

Kommunaler Kindergarten

846

52

- 5,8

008

Tennisanlage

928

30

+ 3,3

009

Pfarrheim Hohenholte

978

80

+ 8,9

010

Gesamtschule Schülercafe

920

22

+ 2,5

011

Masbecker Bolzplatzhütte

878

20

- 2,2

012

Stift Tilbeck / Werkstätten

755

143

- 15,9

013

Multifunktionales Gebäude

959

61

+ 6,8

Lediglich beim Wahlbezirk 012 liegt eine Überschreitung der gerichtlich festgelegten Abweichungsgrenze von 15 % vor.

Der Verfassungsgerichtshof führt hierzu aus, dass

·         eine Abweichung von mehr als 15 % bei einem Wahlbezirk nur dann unproblematisch sei, wenn diese bei Berücksichtigung der (kleineren) Zahl der Wahlberechtigten im Verhältnis zur durchschnittlichen Zahl der Wahlberechtigten unter oder bei 15 % liege.

Daraufhin wurde der Stand der Wahlberechtigten zum Stichtag 30.04.2019 = 10.134 ermittelt. Die durchschnittliche Zahl der Wahlberechtigten betrug somit 780, im Bezirk 012 Stift Tilbeck / Werkstätten 668 Personen. Damit wurde der gerichtlich entschiedene Toleranzbereich von +/- 15 % bezogen auf die Einwohnerzahl (max. 897 / min. 663 Personen) mit – 14,4 % eingehalten.

Aufgrund des gesprochenen Urteils haben Kommunen Fragen von landesweiter Bedeutung zur Einteilung des Wahlgebietes an das Ministerium des Innern gestellt. Unter anderem wurde auch gefragt, ob die Meldedaten nach Auswertung des melderechtlichen Stands zum Stichtag 30.04.2019 maßgeblich sein können / müssen oder ob aktuellere Meldedaten herausgezogen werden müssen?

Das Ministerium antwortet in einer Mail vom 13.01.2020:

„Nach hier vertretener Rechtsauffassung sollten die Bevölkerungs- und Wahlberechtigtenzahlen zunächst gemäß § 94 Kommunalwahlordnung (KWahlO) nach dem Stand des Melderegisters 30.04.2019 ermittelt und der Wahlbezirkseinteilung zugrunde gelegt werden.

Soweit sich mit hinreichender Sicherheit Veränderungen bis zum Wahltag abzeichnen, die für die Einhaltung der Abweichungsobergrenze relevant sind, sollte der Wahlausschuss diese im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung in den Blick nehmen und bei der Wahlbezirkseinteilung berücksichtigen… Gegebenenfalls sollten bei der Einteilung auch punktuelle, ortsspezifische Besonderheiten im Blick behalten und zum Anlass einer bis zum Wahltag reichenden Bevölkerungsprognose gemacht werden (bspw. absehbar erhebliche Bevölkerungszunahme in einem Neubaugebiet, vgl. hierzu den Kommentar von Bätge, Wahlen und Abstimmungen in NRW, Anmerkung 6 zu § 4 KWahlG)…“

Die Zahl der Einwohner bzw. Wahlberechtigten verändert sich natürlich bis zum Wahltag.  Aller Voraussicht nach sind erhebliche Bevölkerungsveränderungen in den bisher eingeteilten Wahlbezirken nicht abzusehen.

Besonders zu betrachten ist jedoch der Bezirk 012, da die Zahl der Wahlberechtigten  zum Stichtag 30.04.2019 nur knapp im Toleranzbereich liegt.  Zu diesem Wahlbezirk zählt der Wohnbereich des Stiftes Tilbeck. Eine  zu berücksichtigende,  erhebliche Bevölkerungsveränderung läge vor, wenn das Stift Tilbeck beabsichtigen würde, z.B. für dort zurzeit wohnende Personen Außenwohngruppen zu errichten und damit für viele Personen den Wohnsitz innerhalb eines anderen Wahlbezirkes der Gemeinde Havixbeck  oder nach außerhalb zu verlegen. Nach Rücksprache mit der Leitung des Stiftes Tilbeck wird nicht beabsichtigt, neue Außenwohngruppen außerhalb des Stiftes bis zum Wahltag 13.09.2020 einzurichten. Erhebliche Bevölkerungsveränderungen sind daher auch in dem Bezirk 012 Stift Tilbeck / Werkstätten nicht abzusehen. Veränderungen erfolgen somit aller Voraussicht nach nur durch Zu- und Wegzüge bzw. Sterbefälle.

Wie sich die Bevölkerungs- bzw. Wahlberechtigtenzahlen bis zum Wahltag entwickeln, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht genau ermittelt werden. Es besteht die Möglichkeit, dass der gerichtlich festgelegte Toleranzbereich von +/- 15 % bezogen auf die Zahl der Wahlberechtigten im Bezirk 012 nicht eingehalten wird. Nach einer Ermittlung vom 09.01.2020 lag die Unterschreitung bei – 15,4 %. 

Der Verfassungsgerichtshof führt u.a. dazu aus, dass

·         eine Abweichung von mehr als 15 % bezogen auf die Wahlberechtigten zur Wahrung räumlicher Zusammenhänge gerechtfertigt sein könne, wenn sie z.B. im ländlichen Raum auf gewachsene Ortstrukturen Rücksicht nehme, um die Wahlbereitschaft zu erhöhen.

Der Wahlausschuss der Gemeinde Havixbeck hat die Abgrenzungen der einzelnen Wahlbezirke entsprechend der tabellarischen Aufstellung der Anlage 1 zu der VO/102/2019 beschlossen. Diese Zuordnung der einzelnen Straßen im Bezirk 012 ist gegenüber vorangegangenen Kommunalwahlen nicht verändert worden (siehe auch Anlage 1 a, Synaptische Darstellung Wahlbezirke 2014 /2020).

Insofern liegt m.E. ein Rechtfertigungsgrund vor, diesen räumlichen Zusammenhang auch weiterhin nicht zu verändern und insofern auf diese gewachsene Ortstruktur Rücksicht zu nehmen.

 

Ich schlage vor, die mit Beschluss vom 28.11.2019 vorgenommene Einteilung (= 13 Wahlbezirke) und Abgrenzungen (= Zuordnung der Straßen / Haus-Nr.)  der Wahlbezirke unter Berücksichtigung des Urteils des Verfassungsgerichtshofes NRW vom 20.12.2019 nicht zu verändern, auch in Kenntnis der möglichen Unterschreitung der gerichtlich entschiedenen Toleranzgrenze von 15 % bezogen auf die Zahl der Wahlberechtigten im Bezirk 012 Stift Tilbeck / Werkstätten am Wahltage zur Wahrung des räumlichen Zusammenhangs.

 

 

Der Bürgermeister

 

Beschlussvorschlag

Der Wahlausschuss der Gemeinde Havixbeck beschließt für die Kommunalwahl 2020:

 

  1. Die mit Beschluss des Wahlausschusses vom 28.11.2019 vorgenommene Einteilung und Abgrenzungen der Wahlbezirke werden nicht verändert.
  2. Die Abweichung von mehr als 15 % bezogen auf die Zahl der Wahlberechtigten im Bezirk 012 Stift Tilbeck / Werkstätten ist zur Wahrung der räumlichen Zusammenhänge gerechtfertigt.

 

Finanzielle Auswirkungen:                                       nein

 

 

 

Gromöller