Betreff
Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens "Verzicht auf die endgültige Umsetzung der bisherigen Planungen zur Erweiterung des Sandsteinmuseums zum Kompetenzzentrum für Naturstein und Baukultur"
Vorlage
VO/127/2018
Aktenzeichen
FB II 069-01
Art
Verwaltungsvorlage

Begründung

Mit dem als Anlage 1 beigefügten Schreiben vom 16.10.2018 (Eingang 17.10.2018) teilt die Initiative Bürgerbegehren die Absicht mit, ein Bürgerbegehren „Verzicht auf die endgültige Umsetzung der bisherigen Planungen zur Erweiterung des Sandsteinmuseums zum Kompetenzzentrum für Naturstein und Baukultur“ gem. § 26 Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) durchzuführen.

Bereits mit Schreiben vom 28.08.2018 wurde von der Initiative ein Bürgerbegehren „Verzicht auf das Projekt zur Erweiterung des Sandsteinmuseums zum Kompetenzzentrum für Naturstein und Baukultur“ angezeigt. Diese Anzeige wurde mit dem Schreiben vom 16.10.2018 revidiert.

Im Ergebnis richten sich beide Fragestellungen gegen die Umsetzung des Projektes „Erweiterung des Sandsteinmuseums zum Kompetenzzentrum für Naturstein und Baukultur“.

Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 GO NRW können Bürger beantragen (Bürgerbegehren), dass sie an Stelle des Rates über eine Angelegenheit der Gemeinde selbst entscheiden (Bürgerentscheid).

Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit eine Bürgerbegehrens ergeben sich aus § 26 Abs. 1 bis 5 GO NRW.

 

Im Einzelnen:

  1. Das Bürgerbegehren ist auf die Entscheidung über eine Angelegenheit der Gemeinde beschränkt (§ 26 Abs. 1 Satz 1 GO NRW).

·   Die Entscheidung über die hier in Rede stehende Angelegenheit erfüllt diese Voraussetzung, da sie zulässigerweise inhaltlich vom Rat entschieden werden kann.

 

  1. Das Bürgerbegehren muss schriftlich eingereicht werden und die zur Entscheidung zu bringende Frage sowie eine Begründung enthalten (§ 26 Abs. 2 Satz 1 GO NRW).

·        Das Bürgerbegehren ist mir am 22.11.2018 persönlich derart übergeben worden, dass mir insgesamt 279 Unterschriftenlisten mit 2.448 Eintragungen übergeben wurden.

Bereits im Vorfeld, Dienstag, 13.11.2018, wurden 100 Unterschriftenlisten mit 988 Eintragungen für die Prüfung in der Verwaltung abgegeben. Diese wurden zur offiziellen Übergabe am 22.11. den Initiatoren zurückgegeben.

·        Die Schriftform wurde gewahrt, da die Unterschriftenlisten den vollen Wortlaut der Frage, die Begründung, die Namen der Vertretungsberechtigten des Bürgerbegehrens sowie die Unterschriften enthielten.

·        Die zur Entscheidung gebrachte Frage lautet:

„Soll auf die endgültige Umsetzung der bisherigen Planungen zur Erweiterung des Sandsteinmuseums zum Kompetenzzentrum für Naturstein und Baukultur verzichtet werden?“ Diese Frage ist hinreichend klar und eindeutig formuliert und mit „Ja“ oder Nein zu beantworten (siehe auch § 26 Abs. 7 Satz 1 GO NRW).

·        Das Bürgerbegehren enthält auch eine ausreichende Begründung (Anlage 2, Blankounterschriftenbogen)

·        Die Frage betrifft auch eine Angelegenheit, über die ein Bürgerbegehren zulässig ist; Unzulässigkeitspunkte des § 26 Abs. 5 GO NRW liegen nicht vor.

 

  1. Das Bürgerbegehren muss bis zu drei Bürger benennen, die berechtigt sind, die Unterzeichnenden zu vertreten (§ 26 Abs. 2 Satz 2 GO NRW).

·        Die auf den Unterschriftenbögen angegebenen Vertretungsberechtigten sind Bürger der Gemeinde Havixbeck (s. Anlage 2)

 

4. Die Absicht, ein Bürgerbegehren durchzuführen, ist schriftlich mitzuteilen (§ 26 Abs. 2 Satz 3 GO NRW)

·        Die schriftliche Anzeige erfolgte mit Schreiben vom 16.10.2018 (s. Anlage 1)

 

5.   Die von der Verwaltung ermittelte Kostenschätzung ist bei der Sammlung der Unterschriften nach § 26 Abs. 4 GO NRW anzugeben (§ 26 Abs. 2 Satz 6 GO NRW)

·        Auch diese Voraussetzung ist gegeben; die den Initiatoren schriftlich mitgeteilte Kostenschätzung wurde bei der Sammlung der Unterschriften auf jedem Unterschriftenbogen angegeben (s. Anlage 2, Blankounterschriftenbogen).

 

6.   Das Bürgerbegehren muss von mindestens 9 % der Bürger unterzeichnet sein (§ 26 Abs. 4 Satz 1 GO NRW).

Bürger ist, wer zu den Gemeindewahlen wahlberechtigt ist (§ 21 Abs. 2 GO NRW). Wahlberechtigt ist, wer am Wahltag Deutscher im Sinne von Artikel 116 Abs. 1 des Grundgesetzes ist oder die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzt, das 16. Lebensjahr vollendet hat und mindestens seit dem 16. Tag vor der Wahl (hier: Abgabe des schriftlichen Bürgerbegehrens am 22.11.2018) in dem Wahlgebiet seine Wohnung, bei mehreren Wohnungen seine Hauptwohnung hat (§ 7 Kommunalwahlgesetz).

Stichtag für die Feststellung der erforderlichen Zahl der Unterzeichnenden des Bürgerbegehrens ist ebenfalls die offizielle Abgabe, der 22.11.2018. Zum Stichtag wurden 9.949 Wahlberechtigte ermittelt. Auf dieser Grundlage beträgt das erforderliche 9 %-Quorum 896 Bürgerinnen und Bürger. Im Übrigen gilt § 25 Abs. 4 GO NRW entsprechend mit der Folge, dass jede Liste mit Unterzeichnungen den vollen Wortlaut des Antrages erhalten muss. Darüber hinaus ist festgelegt, dass Eintragungen, welche die Person des Unterzeichners nach Namen, Vornamen, Geburtsdatum und Anschrift nicht zweifelsfrei erkennen lassen, ungültig sind (§ 25 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 26 Abs. 4 Satz 3 GO NRW). Diese Angaben sind von der Gemeinde zu überprüfen (§ 26 Abs. 4 Satz 2 GO NRW).Die Überprüfung der eingereichten Unterschriftenlisten hatte folgendes Ergebnis:

Zahl der Unterzeichnenden

2.448

davon ungültige Unterschriften

115

somit gültige Unterschriften

2.333

 

Aus folgenden Gründen wurden Unterschriften nicht anerkannt, waren damit ungültig:

Keine Hauptwohnung in Havixbeck

44

Mehrfachunterschriften

47

Weder Deutscher noch EU-Bürger

4

Unleserlich

9

Fehlende Angaben

11

·     Ich stelle fest, dass das notwendige Unterschriftenquorum erreicht ist.

 

7.   Ist eine Frist zur Einreichung des Bürgerbegehrens nach § 26 Abs. 3 GO NRW zu berücksichtigen und wurde diese eingehalten?

Die Gemeindeordnung NRW sieht zwei Varianten von Bürgerbegehren vor. Bei einem kassatorisches  Begehren wird ein bereits getroffener Ratsbeschluss revidiert, also „einkassiert“, während bei einem initiativen  Begehren noch kein Grundsatzbeschluss in dieser Sache getroffen worden ist.

Ein kassatorisches Bürgerbegehren muss innerhalb von drei Monaten nach Ratsbeschluss eingereicht sein, bei bekanntmachungspflichtigen sogar innerhalb von 6 Wochen nach der Bekanntmachung, § 26 Abs. 3 GO NRW.

Ein initiatives Begehren ist fristungebunden.

Lt. Kommentierung zu § 26 GO NRW (vgl. Kleerbaum/Palmen) liegt ein kassatorisches Bürgerbegehren dann vor, wenn es nach verständiger Würdigung dem Inhalt nach eine Regelung des Rates ändern oder aufheben will. Dagegen verfolgt ein initiatives Bürgerbegehren ein neues „noch unbestelltes Feld“, welches nicht im Widerspruch zu einer Ratsentscheidung steht.

Der Gemeinderat hat sich in der Vergangenheit schon mehrfach mit der Erweiterung des Sandsteinmuseums befasst. In der Ratssitzung vom 07.12.2017 wurde der gemeinsame Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der FDP vom 15.11.2017 „Sandsteinmuseum – neu denken!“, welcher im Kern ebenfalls darauf abstellt, auf die Errichtung des Kompetenzzentrums zu verzichten, an die entsprechenden Ausschüsse verwiesen. Dieser Antrag wurde verwaltungsmäßig in der VO 021/2018 und VO 043/2018 für die Beschlussfassung aufbereitet; ein endgültiger Beschluss wurde in der Gemeinderatssitzung vom 19.04.2018, TOP 14, gefasst.

Mehrheitlich wurde beschlossen, „...die bisherigen Planungen für die Entwicklung eines Kompetenzzentrums für Naturstein und Baukultur am Sandsteinmuseum fortzusetzen.“

In dieser Sitzung wurde ebenfalls über das entsprechende Betriebskonzept für das Kompetenzzentrum am Sandsteinmuseum (TOP 13) beraten. Es wurde mehrheitlich beschlossen, „... die Entwicklung des Kompetenzzentrums für Naturstein und Baukultur fortzusetzen. Hierbei sollen die Empfehlungen aus dem Betriebskonzept THEMATA Freizeit- und Erlebniswelten Service GmbH vom 09.03.2018 hinsichtlich ihrer Umsetzung geprüft und in die weiteren Planungen einbezogen werden.“

Damit hat der Gemeinderat  grundsätzlich dem Betriebskonzept zugestimmt und sich nur in Einzelfällen eine Abweichung von diesem vorbehalten. Diese Rechtsauffassung teilt auch die Kommunalaufsicht; eine diesbezügliche Stellungnahme vom 09.10.2018 füge ich als Anlage 3 bei. Ich weise besonders auf Seite 2 dieser Stellungnahme hin, dort ist formuliert: „Durch diese Konkretisierung des Projektes und unter Beachtung, dass alle seit dem 08.12.2016 gefassten Beschlüsse auf die Realisierung des Projektes abzielen, kann der Beschluss vom 19.04.2018 insofern als „weichenstellender Grundsatzbeschluss verstanden werden, welcher die Ausschlussfrist für die Einreichung eines Bürgerbegehrens in Gang setzt, vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18. Juni 1990 – 1 S 657/90.“

 

Meiner Einschätzung nach hat der Gemeinderat in der Sitzung vom 19.04.2018 einen Grundsatzbeschluss zur Fortsetzung der bisherigen Planungen für die Entwicklung eines Kompetenzzentrums für Naturstein und Baukultur am Sandsteinmuseum gefasst.

Dieser Ratsbeschluss unterliegt keiner Bekanntmachungspflicht. Die Ausschlussfrist für ein Bürgerbegehren nach § 26 Abs. 3 GO NRW beträgt damit drei Monate nach dem Sitzungstag, also bis zum 18.07.2018 einschließlich. Das Bürgerbegehren wurde zunächst am 28.08.2018 und schließlich geändert am 16.10.2018 angezeigt. Beide Daten liegen nach dem 18.07.2018.

 

·        Damit ist das beabsichtigte Bürgerbegehren verfristet.

 

Diese Rechtsauffassung habe ich Herrn Bernd Leusmann per Mail am 30.10.2018, d.h. vor Unterschriftensammlung, mitgeteilt.

 

Nach § 26 Abs. 6, S. 5 GO NRW soll den Vertretern des Bürgerbegehrens die Gelegenheit gegeben werden, den Antrag in der Sitzung zu erläutern. Die Initiatoren werden daher von mir zur Gemeinderatssitzung  am 06.12.2018 eingeladen; es wird ihnen vor Beratung und Beschlussfassung dieses TOP Gelegenheit zur Erläuterung gegeben.

 

 

Nach Prüfung aller Zulässigkeitsvoraussetzungen  komme ich zu dem Ergebnis, dass das eingereichte Bürgerbegehren vom 16.10.2018 „Verzicht auf die endgültige Umsetzung der bisherigen Planungen zur Erweiterung des Sandsteinmuseums zum Kompetenzzentrum für Naturstein und Baukultur“ verfristet ist und schlage dem Gemeinderat vor, die Unzulässigkeit zu beschließen.

 

Folgen:

·        Da eine Unzulässigkeit zu beschließen ist, ist eine Sachentscheidung vom Gemeinderat nicht zu treffen.

·        Ein Bürgerentscheid wird aufgrund des Bürgerbegehrens nicht durchgeführt.

·        Die Entscheidung des Gemeinderates ist eine förmliche Feststellungsentscheidung ohne Ermessensspielraum. Gegen die Entscheidung können die für das Bürgerbegehren benannten Vertreter (und nur diese) Rechtsbehelf einlegen (§ 26 Abs. 6 Satz 2 GO NRW). Da es eines Widerspruchsverfahrens (Vorverfahren nach § 68 Verwaltungsgerichtsordnung) in Nordrhein-Westfalen nicht bedarf (vgl. § 110 Justizgesetz NRW), ist unmittelbar Klage beim Verwaltungsgericht (Feststellungsklage) einzulegen.

 

 

 

Der Bürgermeister

 

 

 

 

Klaus Gromöller

 

 

 

Beschlussvorschlag

Der Gemeinderat stellt fest, dass das am 22.11.2018 eingereichte Bürgerbegehren „Verzicht auf die endgültige Umsetzung der bisherigen Planungen zur Erweiterung des Sandsteinmuseums zum Kompetenzzentrum für Naturstein und Baukultur“ rechtlich unzulässig ist. 

 

Finanzielle Auswirkungen:                          nein

 

 

Finanzielle Auswirkungen

 

Keine